In Berlin soll das Iga-Areal als Beispiel gestalteter Stadtnatur zwischen Plattenbauten dem Erholungsbedürfnis gestresster Großstädter dienen. Und wer in den übernutzten, abgelebten Parks der Berliner Innenstadt wie dem Mauerpark oder dem Görlitzer Park mit ihren Flohmärkten, Karaoke-Shows und Biergärten unterwegs ist, der weiß, wie sehr die Menschen in der sich verdichtenden Stadt nach Grün lechzen. Und jetzt, wo Berlin so dynamisch wächst wie seit einem Jahrhundert nicht, werden Flächen knapp und kostbar. Die verwilderten Stadtbrachen von einst sind zu Filetgrundstücken geworden, Laubenpieperkolonien müssen gegen Baubegehren verteidigt werden. Gleichzeitig zeigt sich die Sehnsucht danach, mit den Händen in der Erde zu wühlen, zum Beispiel in urbanen Orten wie dem Gemeinschaftsprojekt der Prinzessinnengärten in Kreuzberg.

 

Das Schmuddelkind unter den Hauptstadtbezirken blüht auf

Dass es bei der Iga um Ideen für ein Naherholungsgebiet am Stadtrand gehen würde, war nicht der ursprüngliche Plan. Eigentlich sollte die Iga 2017 an einem näher liegender Ort Antworten auf Fragen nach urbaner Natur finden: auf der wilden Fläche des stillgelegten Flughafens Tempelhof mitten in der Innenstadt. Doch dann kam das Volksbegehren einer Bürgerinitiative, das in einem erfolgreichen Volksentscheid gegen jegliche Bebauung des Areals mündete – kurz zuvor stoppte der Senat das Vorhaben der Iga. Der Osten war der Ausweichstandort; dafür stellten sich hier allerdings neue Aufgaben: Marzahn-Hellersdorf leidet nach wie vor unter dem Klischee, eines der Schmuddelkinder unter den Hauptstadtbezirken zu sein – grau, arm, ein Ort, der wegen rassistisch motivierter Straftaten vielen Westberliner Migranten als nicht besuchbar gilt.Zu DDR-Zeiten war der Bezirk ein Vorzeigewohnort; wer in den 80er Jahren eine der 150 000 Wohnungen ergatterte, schätzte sich glücklich. Nach der Wende jedoch kippte die soziale Mischung: Wer konnte, zog weg. Zeitweise standen in einzelnen Bauten bis zu 60 Prozent aller Wohnungen leer. Inzwischen sind viele Bauten saniert, es gibt kaum noch Leerstand.

Die Seilbahn könnte Marzahn und Hellersdorf dauerhaft verbinden

Ende der 90er Jahre ist mitten in dem Gebiet auch ein Gartenprojekt entstanden, das nun das Herzstück der Iga bildet: In den „Gärten der Welt“ können die Besucher durch Anlagen spazieren, die Gartenkunst aus Japan, China, Italien, Bali oder Großbritannien zeigen. Das Areal ist für die Iga verdoppelt und um Gartenkabinette aus aller Welt erweitert worden. In einer solchen Dichte gibt es diese unterschiedlichen Gartenformen in ganz Deutschland kein zweites Mal.

Die „Gärten der Welt“ werden den Berlinern bleiben, auch wenn die Iga-Gäste nach dem 15. Oktober weg sind und die Blumenbeete dem Matschgrün der Herbstwiesen weichen. Was möglicherweise auch bleibt, ist die Seilbahn. Denn sie könnte eine Lücke im Nahverkehrsnetz schließen: Die beiden Hälften des Bezirks Marzahn-Hellersdorf sind bisher schlecht miteinander verbunden. Die Gondeln könnten dieses Defizit beheben. Ob daraus eine dauerhafte Ü-Bahn wird, ist noch ungewiss. Lautlos durch den Himmel über Berlin zu schweben, kann aber auch ein Stück Naherholung sein.