Die Konkurrenz schläft nicht. Wer mithalten will, sollte ausgeschlafen sein - und öfter mal eine Pause einlegen, rät der Schlafforscher Professor Dr. Dr. Jürgen Zulley

Stuttgart - Die Konkurrenz schläft nicht. Wer mithalten will, sollte ausgeschlafen sein - und öfter mal eine Pause einlegen, rät der Schlafforscher Professor Dr. Dr. Jürgen Zulley von der Universität Regensburg im Gespräch mit unserer Zeitung.

Frage: Professor Zulley: Stressstabilität und Schlaf, wie hängen die zusammen?

 

Professor Dr. Dr. Zulley: Stress wird nachweislich wesentlich besser verkraftet, wenn für Regeneration in den richtigen Zeitintervallen gesorgt wird. Und die sind biologisch vorgegeben durch unsere innere Uhr. Schwedische Studien haben gezeigt: Burn-out-Patienten konnten wieder in die gleiche Belastungssituation zurückkehren, wenn sie die Möglichkeit hatten, erholsamen Schlaf zu finden.

Frage: Die "innere Uhr": was tickt da in uns?

Professor Dr. Dr. Zulley: Der Taktgeber unseres Lebens, die biologischen Rhythmen, auf die wir programmiert sind. Der Mensch ist ein tagaktives Lebewesen und ein Nachtschläfer. Diese Rhythmen geben uns ein festes Zeitraster vor, das all unsere Funktionen erheblich beeinflusst: Stimmung, Leistungsfähigkeit, Körperkraft, Schmerzempfinden - oder eben Schlaf. Leben Menschen einige Wochen ohne Zeitinformation im komplett von der Außenwelt abgeschirmten Schlaflabor, schlafen sie trotzdem regelmäßig. Die Wissenschaft schließt daraus, dass es eine innere Uhr gibt, die alle Rhythmen unseres Lebens aufeinander abstimmt. Bei den meisten Erwachsenen tickt sie im 25-Stunden-Rhythmus. Normalerweise schlafen wir trotzdem in dem 24-Stunden-Rhythmus, den die Erde vorgibt, denn unsere innere Uhr ist flexibel. Handeln wir diesen biologischen Rhythmen permanent entgegen, können wir uns von jedweder Stressstabiliät verabschieden.[image]

Frage: Was ist ein guter, regenerierender Schlaf?

Professor Dr. Dr. Zulley: Entscheidend ist nicht die Schlafdauer, von einem absoluten Minimum einmal abgesehen, sondern die Qualität. Erholsamen Schlaf dürfen wir uns nicht als einheitlichen Zustand vorstellen, sondern als Abfolge von verschiedenen Phasen im Laufe der Nacht. Die gleichen einer Berg-und-Tal-Fahrt. Habe ich gut geschlafen, merke ich das, wenn ich mich fit und ausgeschlafen fühle und zwar, abgesehen vom leichten Mittagstief, den ganzen Tag, wenn ich auch in monotoner Situation nicht gleich vom Schlaf übermannt werde. In der Nacht werden Reparatur- und Erholungsvorgänge in Gang gesetzt. Körper und Immunsystem regenerieren sich. Schlaf ist zudem wichtig für die Abspeicherung von am Tage Gelerntem - und für das Löschen von Überflüssigem. Und, es kann nicht häufig genug wiederholt werden, für das Auffüllen der Energiespeicher.

Frage: Das Nickerchen zwischendurch ist wichtig?

Professor Dr. Dr. Zulley: So ist es! Der Mittagsschlaf gehört zu unserem biologischen Bedürfnis. Wir alle durchleben mittags ein Tief und sollten dem nach Möglichkeit Rechnung tragen. Was nach außen wie Faulheit aussehen mag, sorgt in Wirklichkeit für eine Effizienzsteigerung. Wir arbeiten nach einem Nickerchen, neudeutsch "Powernapping", nachweislich effizienter, und es sinkt die Gefahr, Fehler zu machen. Die Leistungsfähigkeit nach einem Nickerchen steigt um 35 Prozent. Und das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, sinkt um 33 Prozent, wenn ich regelmäßig mittags ein wenig entspanne. Dazu muss es nicht dunkel sein, nicht leise und ein Bett ist auch nicht nötig. Es muss also nicht "geschlafen" werden. Fünf oder zehn Minuten sich im Stuhl zurücklehnen, die Augen zumachen, tief ein- und ausatmen, sorgt für beträchtliche neue Frische.