Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Braucht es Befreiungsschläge – etwa indem Bund und Länder über eine neue Verteilung der Lasten reden?
Ich kann mir zwei Dinge vorstellen: Einmal eine Rückkehr zur Bundeseinheitlichkeit – von mir aus in einem ersten Schritt nur für die Versorgung –, damit es keine Differenzen für die Pensionäre in den Ländern mehr gibt. Zweitens hielte ich es für einen konstruktiven Ansatz, dass Bund und Länder Beiträge in eine gemeinsame Institution abführen, um die Pensionskosten daraus zu finanzieren. Das bedarf aber einer verfassungsrechtlichen Absicherung. Wir stehen da unter Druck, auch weil wir in verschiedenen Ländern schon Zugriffe auf Rücklagen für die Beamtenversorgung erlebt haben. Sie sind ein Zeichen dafür, dass es bisher keine wirklich stabile Regelung gibt.
Die Föderalismusreform soll also rückgängig gemacht werden?
Wir werben dafür und versuchen, die Entwicklung umzukehren. Wir haben eine Spreizung in manchen Besoldungsgruppen von bis zu 20 Prozent – Bayern und der Bund stehen an der Spitze. Wenn die Zuständigkeit wieder in Berlin zentralisiert würde, ließe sich der desaströse Bezahlungswettbewerb beenden.
Dann müssten Sie Kretschmann als Rammbock der Diskussion um die Pensionen dankbar sein?
Dankbar vielleicht für den Anlass, die Fehlentwicklung deutlich zu machen. Ich bin nicht dankbar hinsichtlich seiner Zielsetzung. Denn die Versorgungssicherheit ist ein wesentlicher Bestandteil der Attraktivität des Beamtenverhältnisses. Wenn wir sie demontieren, schädigen wir die Nachwuchsgewinnung und die berechtigten Erwartungen der heutigen Beamten.
Braucht es eine Strategiedebatte auch im Beamtenbund selbst, um nicht weiter in die Defensive zu geraten?
Wir führen diese Debatte. Logischerweise wollen wir erst mal wissen, wer in der neuen Regierung sitzt. Aber wir werden nicht ungerüstet in die Diskussion gehen.
Was bieten Sie an, um nicht – wie früher schon – als Blockierer da zu stehen?
Dass wir nur die Betonköpfe waren, ist lange her. Wir werden nicht in die alte Rolle zurückfallen, sondern eigene Vorstellungen einbringen. Wir wollen nicht den Ist-Zustand beschönigen und für unantastbar erklären, sondern vernünftige neue Antworten geben auf die Notwendigkeiten durch Föderalismusreform, Schuldenbremse und demografische Entwicklung.
Juckt es Sie, sich in den Wahlkampf einzumischen?
Der baden-württembergische Landesvorsitzende sagt ja sehr deutlich, dass die Beamten die Fehler der Grünen bei den nächsten Wahlen nicht vergessen werden. Das ist schon eine Einflussnahme. Ich bin da sehr zurückhaltend.
Der gegen die Grünen in Baden-Württemberg gerichtete Satz „Wer uns quält, wird abgewählt“ käme Ihnen nicht über die Lippen?
Ich habe das in abgeschwächter Form auch schon gesagt. In Baden-Württemberg, wo Grüne und Rote regieren, haben wir derzeit keinen Spaß. Ich will aber nicht für alle Zeiten sagen: Rot-Grün ist die schlechtere Alternative. Als die CDU in Baden-Württemberg noch an der Regierung war, war sie nicht weniger grausam. Alle demokratischen Parteien haben dem öffentlichen Dienst in Bund und Ländern schon überall Unangenehmes angetan.