Die OB-Kandidatin Bettina Wilhelm wird im Wahlkampf von der SPD unterstützt. Im StZ-Sommerinterview spricht die Stuttgarterin über Erfolge, Niederlagen und harte Bandagen im Wahlkampf.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Natürlich hat Bettina Wilhelm den Ort auch wegen des Namens ausgesucht: Die 48-Jährige wollte sich zum StZ-Sommerinterview am Wilhelmspalais treffen. Die von der SPD unterstützte OB-Kandidatin findet, dass man bei der ehemaligen Stadtbibliothek gut über Dinge ins Gespräch kommen kann, die ihr wichtig sind: über Kultur und Subkultur und über den Verkehr, der hier mehr als nur ein Hintergrundrauschen ist, sondern oft alles überdröhnt.

 


Frau Wilhelm, die Bibliothek ist längst umgezogen, das neue Stadtmuseum längst noch nicht eingezogen – weshalb wollten Sie sich hier mit uns treffen?
Ins Wilhelmspalais ist nun ein Kulturbetrieb eingezogen. Wir dürfen uns in Stuttgart nicht scheuen, solche Interimslösungen zuzulassen.

Manchmal lässt der Schwabe ein Gebäude lieber leer stehen, bevor es Konflikte gibt.
Das stimmt. Weil sich viele Vermieter denken: „Oh Gott, wie bekommen wir die Mieter dann wieder raus?!“ Aber Stuttgart profitiert doch von dieser offenen Kultur, und dies nicht nur in den Wagenhallen. Ich finde es spannend, dass man sich dieses Projekt im Wilhelmspalais getraut hat, ich selbst war schon zweimal da.

Haben Sie oft Bücher ausgeliehen, als hier die Stadtbibliothek ihr Zuhause hatte?
Ich war in so vielen Bibliotheken der Stadt Stammgast, von der Stadtteilbibliothek in Untertürkheim bis zur Stadtbibliothek im Wilhelmspalais, auch im Literaturhaus war ich oft. Literatur ist mir sehr wichtig.

Wo sind Sie noch in das Stuttgarter Kulturleben eingetaucht?
Ich hatte jahrelang mit meiner Tochter ein Abo von der Kulturgemeinschaft, mit dem wir verschiedene Häuser nutzen konnten. Wir waren im Schauspielhaus und in der Kleinkunstszene unterwegs. Im Forum beispielsweise und im Fitz. Außerdem war ich schon immer eine begeisterte Museumsbesucherin. Als meine Kinder noch klein waren, waren wir gerne im Linden- und im Naturkundemuseum.

Sie sind sehr früh Mutter geworden. Gehörte das zu Ihrer Lebensplanung?
Klar, ganz klar! Ich war damals Erzieherin und habe drei Jahre in meinem Beruf gearbeitet. Als unsere älteste Tochter auf die Welt kam, war ich 24. Mir war klar, dass ich studieren wollte, und dann habe ich geschaut, wie die Kinder und das Studium sich vereinbaren lassen. Ich habe meinen Berufs- und Lebensweg gut geplant.

Sind Sie berechnend?
Nein, ich plane gerne, das ist ein gewaltiger Unterschied. Wenn Sie als Erzieherin anfangen und irgendwann Bürgermeisterin werden, sind viele Zwischenschritte nötig. Da müssen sie planen.

Wie gehen Sie mit Dingen um, die anders kommen, als Sie es sich vorgestellt haben?
Für mich kein Problem, weil ich sehr spontan bin.

Eben sagten Sie noch, Sie planen gerne. Das ist doch ein Widerspruch.
Nein, ich kann einerseits gut mit Situationen umgehen, die für mich Unerwartetes bringen. Andererseits habe ich langfristig gesehen immer den nächsten Schritt im Blick. Manchmal auch mehrere im Voraus.

In Aalen wollten Sie schon einmal Oberbürgermeisterin werden. Damals haben Sie gegen einen Dorfbürgermeister aus Walheim verloren. Was prädestiniert Sie dafür, nun in der Landeshauptstadt zu gewinnen?
Damals bin ich aus einer ganz anderen Position heraus gestartet. Hinter dem Namen meines Konkurrenten stand „Bürgermeister“, hinter meinem „Diplompädagogin“. Da hat es am Ende auch keinen interessiert, dass der Mann zehn Mitarbeiter geführt hat und ich als Fachbereichsleiterin im Ludwigsburger Rathaus 400.

Das mit der Bürgermeister-Erfahrung haben Sie inzwischen in Schwäbisch Hall nachgeholt. Aber im Stuttgarter OB-Wahlkampf wird man nicht netter mit Ihnen umgehen.
Dass Konkurrenten Qualifikationen kleinreden, ist leider normal. Trotzdem ist es ein Alleinstellungsmerkmal, dass ich Bürgermeisterin bin – ich kenne das Geschäft, ich besitze politische Führungserfahrung.