Sport: Heiko Hinrichsen (hh)
Wieso nicht?
Ich hatte mir bereits 1985 von einem Wettkampf aus Tokio einen tragbaren Fernseher mitgebracht. Der hatte sogar eine Fernbedienung, seinerzeit ein Novum für uns. Ein Jahr später habe ich mir dann im Ausland einen Doppelkassettenrekorder gekauft, heute würde man wohl Gettoblaster dazu sagen. Mit beiden Geräten war ich zu damaliger Zeit ziemlich hip. Ich habe sie beide erst in diesem Jahr sehr schweren Herzens entsorgt. Ich hing sehr lange an ihnen – obwohl der Fernseher schon lange nicht mehr genutzt wurde. Jetzt ist er weg, obwohl er noch funktionsfähig war.
Wie sind Sie zum Boxen gekommen? Waren Sie Teil der üblichen DDR-Selektion, etwa nach dem Motto: „Den großen Starken schicken wir mal in den Ring“?
Nein, denn ich habe bereits mit sechs Jahren mit dem Boxen begonnen. Ich war also noch zu jung, als dass man mich hätte rauspicken können. Mich hat 1970 ein Freund gefragt, ob ich ihn zum Training begleite, weil er deutlich kleiner war als ich und sich nicht allein getraut hat. Mit sechs Jahren war ich in der Trainingshalle aber eher der Störenfried, als dass ich irgendwie hilfreich oder ein hoffnungsvolles Talent gewesen wäre. Beim Boxen geht es erst mit zehn Jahren mit Wettkämpfen richtig los. Zwei Wochen später war mein Freund daher wieder weg. Aber ich hatte großen Spaß – und bin erst 26 Jahre später gegangen.
Spätestens als Olympiasieger waren Sie in Ihrem Land ein Sportheld. Gab es da keine Versuche der SED, Ihren Ruhm für die Partei zu vereinnahmen, wie es bei der Eiskunstläuferin Katarina Witt geschah, dem „schönsten Gesicht des Sozialismus“?
Es war üblich, dass erfolgreiche Sportler animiert wurden, auch als IM (Inoffizieller Mitarbeiter, Anm. d. Red.) für die Staatssicherheit zu arbeiten. Mich hat man aber zu keiner Zeit angesprochen, meine kritische Haltung passte nicht so ins Portfolio. Ich bin zwar mit 20 Jahren in die SED eingetreten, aber nicht, um die Welt zu verändern, sondern um in meinem kleinen Umfeld mit Trainern und Mitsportlern Einfluss auf einige Dinge zu nehmen. Da gab es ungefähr einmal im Monat eine Parteiversammlung. Da habe ich schnell gemerkt, dass immer dieselben Dinge angesprochen wurden. Aber letztlich gab es keine Veränderungen.
War die Politik zu Hause ein Thema?
Mein Papa ist ein eher unpolitischer Mensch gewesen, der sehr introvertiert war. Er machte die Dinge lieber mit sich selbst aus. Anfang des Jahres 1989 ist er dann plötzlich aus der SED ausgetreten, was zu diesem Zeitpunkt noch ein mutiger Schritt war. Warum er das tat, hat er uns nicht mitgeteilt. Aber mir war klar: wenn mein Papa diesen Schritt geht, dann muss das einen ernsten Hintergrund haben.