Die ablehnende Haltung des Almöhi seiner Enkelin gegenüber ändert sich, sobald er einen zweiten Stuhl für sie zimmert, sie also bleiben kann. Seine Zu- und Abneigung äußert sich über Gesten, so wie er unliebsame Besucher mit der Axt oder Sense vertreibt.
Bruno Ganz: Der hat die Geräte in der Hand, weil er gerade mit ihnen arbeitet. Und wenn sich dann jemand mit solchen Ansinnen nähert, nämlich ihm Heidi wegzunehmen, was ihn wütend macht und verstört, dann legt man nicht, höflich wie man ist in Berlin-Charlottenburg, die Axt aus der Hand, sondern man behält sie in der Hand und sagt: Mach, dass du wegkommst – im Dialekt.
Der Film lebt ja vom Gegensatz zwischen Stadt und Land, zwischen Graubünden und Frankfurt am Main. Sehnen Sie sich manchmal in die Bergwelt zurück?
Bruno Ganz: Nein, denn ich habe mit den Bergen nie viel zu tun gehabt, auch wenn man das von uns Schweizern erwartet. Ich könnte mit der S-Bahn in 40 Minuten vom Zürcher Hauptbahnhof in die Glarner Alpen fahren. Aber wenn ich am Zürichsee spazieren gehe, dann sehe ich diese Dinger ziemlich weit entfernt. Allerdings war es ein Erlebnis, als ich in einer Drehpause zugeguckt habe, wie behände sich die Ziegen in den steilen Felsen ihr Fressen suchen.
Und was sagen Sie zum zweiten Schauplatz Frankfurt?
Bruno Ganz: Das mit der Stadt ist ein toller Trick von Johanna Spyri: Dass dieses Kind, das nun endlich einen Platz auf der Welt gefunden hat, da oben in den Bergen in völliger Freiheit, mit den Ziegen, mit dem Geißenpeter, dass sie durch eine Lüge gezwungen wird, diesen Freiheitsraum zu verlassen. Und dann kommt sie auch noch in eine Stadt in Deutschland, was von uns aus gesehen ein großes Land ist, wo die Leute auch die Hochsprache beherrschen, was man von uns nicht so sagen kann… Sie wird in ein Luxus-Paradies versetzt, doch sie will nach Hause, zum Großvater. Das ist traurig, das ist rührend, das ist Liebe.
Hatten Sie nie die Befürchtung, dass es in Richtung Kitsch gehen könnte?
Bruno Ganz: Natürlich hat man das bei dem Stoff. Der erste Film ist wirklich sehr gut, kein Kitsch. Und wenn man dann hört, es sei Zeit, einen neuen zu drehen, weil sechzig Jahre vergangen sind, fragt man sich, was ist das für eine Begründung? Bei Remakes habe ich immer Angst, denn sie basieren auf einer erfolgreichen ersten Sache, und die zweite ist dann oft einfach schwächer. Aber das Ergebnis macht weder den „Heidi“-Mythos kaputt – wenn es ihn denn gibt –, noch beschädigt es den ersten Film. Es ist eine gute Arbeit.