Als Folge der Reform, die Kulturminister Dario Franceschini durchgesetzt hat?
Unter anderem, aber an Personal mangelte es schon zuvor. Andererseits bin ich im Zuge dieser Reform auch erst an das Museum gekommen. Mit der Reform wurden in einem ersten Schritt die zwanzig bedeutendsten der 420 staatlichen Museen in die Autonomie entlassen. Diese zwanzig haben letztes Jahr alle einen neuen Direktor bekommen. Davor gab es hier in Florenz den Polo Museale Fiorentino, das war ein Konglomerat von 28 staatlichen Museen, die alle unter einem Hauptverantwortlichen standen. Diese Museen wurden über eine zentrale Verwaltung organisiert. Auch Ausstellungen wurden zentral geregelt und abgewickelt. Am Ende wusste niemand, wie viel Strom der Bargello verbraucht hat und wie viel die Galleria dell’Accademia. Oder ob die Uffizien mehr Papier benutzten als Orsanmichele. Es war alles ein großer gemeinsamer Topf. Die Häuser hatten weder einen eigenen Haushalt noch eigene Verantwortung.
Wie sieht das heute aus?
Nach der Reform sind nahezu sämtliche Verwaltungseinheiten, die vorher für alle Museen von Florenz zuständig waren, bei den Uffizien geblieben. Meine Galleria dell’Accademia oder der Bargello haben nur das Personal behalten, das zufällig dort saß. Das sind bei mir aus Platzgründen nur sehr wenige gewesen. Seither werden landesweite, zeitintensive interne Personalverschiebungen vorgenommen – von Personal, das ohnedies schon knapp war.
Haben diese Umstände Sie desillusioniert, nachdem Sie im Dezember vergangenen Jahres hier angetreten sind?
Es ist eine Chance. Eine Reform ist immer etwas sehr Komplexes. Wenn sie nicht mühsam und schwierig wäre, hätte sie längst stattgefunden. Und das hier in Italien, wo sowieso klar war, dass die Museen personell extrem unterbesetzt waren und sind. Unser Auftrag seitens des Ministers lautet daher auch, die Museen vom 19. ins 21. Jahrhundert zu katapultieren. Das ist natürlich richtig und wünschenswert. Ein Autorennen lässt sich allerdings leichter gewinnen, wenn das Auto neben der wunderbaren Karosserie auch einen entsprechenden Motor hat.
Wie machen Sie das?
Vielleicht ist es Zauberei – auf jeden Fall eine echte Herausforderung. Aber viele Direktoren haben Personalnöte und keine Struktur, das geht nicht nur mir so. Ich leite eines der beiden renommiertesten Museen Italiens mit 1,4 Millionen Besuchern im Jahr mit einer Internetverbindung von 400 KB. Damit bekommt man noch nicht einmal eine einzelne E-Mail auf. Wir sitzen immer häufiger vor unseren Rechnern und bearbeiten alles mit privaten Handys.
Was konnten Sie hier bereits angehen?
Vieles. Zum Beispiel habe ich erreicht, dass vor dem Museum Ordnungskräfte wachen, weil es auf der Straße hier nur so wimmelte von Schwarzhändlern mit Taschen und Postern und sonstigem. Die Besucher wurden in den Warteschlangen bei Sonne und Regen auch noch damit behelligt. Das war absolut inakzeptabel. Nach fünf Monaten hatte ich das beim Präfekten durch. Anwohner, Besucher und die Florentiner sind begeistert, dass in dieser Straße nun endlich Ordnung herrscht. Auch regnet es heute nicht mehr ins Dach. Und wir haben einen Haushalt aufgestellt – ganz ohne Verwaltung. Unsere erste eigene und legale Homepage des Museums entsteht gerade.
Sie müssen also in den vier Jahren – auf diese Zeit ist Ihr Vertrag begrenzt – schauen, wie Sie aus dem Vorgefunden etwas machen.
Genau, ein Abenteuer, das spannend bleibt. Es lohnt sich, die Dinge anzugehen, weil die Sache es verdient. Die Galleria dell’Accademia di Firenze ist ein Museum von immenser internationaler Strahlkraft. Hier lassen sich Projekte planen und realisieren, die an anderen Häusern gar nicht denkbar wären. Wir eröffnen zum Beispiel Ende November eine Ausstellung über Giovanni dal Ponte, einen Goldgrundmaler im Übergang der Spätgotik zur Renaissance um 1400. Das wird die erste monografische Ausstellung zu diesem Künstler, dessen Bilder in den bedeutendsten Museen der Welt hängen. 2017 folgt eine Ausstellung zu Malerei und Textil im Florenz des 13. bis 14. Jahrhunderts. Von so großartigen und wertvollen Leihgaben können andere Häuser nur träumen.