Sprechen Sie von der Staatsgalerie oder richtet sich das jetzt an die Politik?
Nein, ich spreche vom Haus. Wir müssen uns wieder auf die Sammlung konzentrieren. Als Besucherin von außen hatte ich den Eindruck, dass der rote Faden fehlt. Unser erstes Ziel für 2013 ist daher, mit den verschiedenen Abteilungen daran zu arbeiten, die Dauerausstellung neu zu präsentieren.

Sie werden dem Dilemma aber nicht entgehen, dass Sie hier aufgrund architektonischer Gegebenheiten keinen Rundgang hinbekommen. Sie haben zwei nebeneinander liegende Häuser mit separaten Eingängen. Als man den Altbau wiedereröffnet hat, hieß es, nun liege die Neue Staatsgalerie im Schatten der alten. Jahrzehntelang war es umgekehrt, da hatte man fast vergessen, dass es einen Altbau gibt.
So ist es, wirklich eine harte Nuss! Es wird, glaube ich, aber schon gelingen, einen Rundgang zu konzipieren und dem Besucher eine chronologische Entwicklung der Kunstgeschichte anzubieten. Im Übrigen ist das der Luxus des öffentlichen Museums, auch „unmoder ne“ Kunst präsent zu halten und Entdeckungen zu ermöglichen. Es ist doch toll, dass wir uns in einer Demokratie öffentliche Museen leisten, wo hochspezialisierte Leute dafür bezahlt werden, unter Umständen auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Das gilt es zu verteidigen.

Klingt einleuchtend. Aber heutzutage ist die Politik auf die Besucherzahlen fixiert. Wehe, eine Ausstellung floppt.
Stimmt. Andererseits investiert die öffentliche Hand jedes Jahr im Millionenbereich in die Staatsgalerie. Klar, wir haben überall Kostensteigerungen. Diese werden durch ein gleichbleibendes Budget nicht aufgefangen. Aber immerhin sind wir noch nicht von Streichungen betroffen. Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist man, was die personelle Lage betrifft und die Unterstützung baulicher Vorhaben, hier relativ gut dran.

Sie haben direkt nach Ihrer Wahl angekündigt, die Sammlung neu hängen zu wollen. Ihr Vorgänger Sean Rainbird hatte die Alten Meister in den Neubau und die neuere Kunst in den Altbau verfrachtet. Was missfällt Ihnen an dieser Hängung?
Es geht nicht um ein Missfallen. Das Schönste, was man als Museumsmensch machen kann, ist hängen. Es ist typisch, dass jeder Direktor mit der Präsentation der Sammlung seine Handschrift deutlich macht.

Was haben Sie sich für das Startjahr noch vorgenommen?
Die Neuordnung der Sammlung ist das Wichtigste. Das gibt uns zugleich die Chance zu renovieren. Da wäre zum Beispiel der Teppichboden im Stirling-Bau, der seit 1986 in den Ausstellungsräumen liegt und dringend ausgetauscht werden muss. Kunst muss auch nicht auf weißen Wänden hängen. Wir müssen also ein Farbkonzept erarbeiten. Dann ist mir das Licht sehr wichtig. Da habe ich zu meiner Überraschung festgestellt, dass in der Staatsgalerie relativ wenig Kunstlicht zur Verfügung steht. Spots sind aber oftmals das fehlende i-Tüpfelchen, das manche Dinge in einem Bild erst sichtbar macht. Ein Museum ist letztlich wie eine Dombauhütte. Man muss kontinuierlich daran arbeiten.

Das Publikum guckt vor allem auf die Sonderausstellungen. Das hält ein Museum im Gespräch. Sean Rainbird hat einen starken Akzent auf die britische Kunst gelegt. Davor war der Schwerpunkt eher französisch. Wo geht es bei Ihnen hin?
Da bin ich doch sehr von der Kunsthalle und ihrem breiten Programm geprägt. Einen bestimmten Fokus will ich nicht setzen, in der Sammlung findet man vom 14. Jahrhundert bis zur Gegenwart Anknüpfungspunkte, und wenn sich die Möglichkeit bietet, interessante Ausstellungen zu machen, werden wir sie realisieren. Allerdings kann keiner erwarten, dass das Museum alles gleichzeitig zu leisten vermag. Es kann auch nicht unser Ziel sein, einen Blockbuster nach dem anderen zu produzieren, schon gar nicht ohne entsprechende Mittel. Nehmen Sie zum Beispiel unsere aktuelle Fluxus-Ausstellung. Fluxus war eine der wichtigsten intellektuellen Bewegungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, trotzdem interessiert sich die breite Masse nicht dafür. In hundert Jahren ist das vielleicht anders, aber damit das so sein kann, muss es Häuser geben, die mit öffentlichen Mitteln so einen Bestand pflegen und aufarbeiten. Museen sind auch Forschungseinrichtungen, nicht Eventagenturen.