Liegt das daran, dass Israel nicht von seinen arabischen Nachbarn akzeptiert wird?


Natürlich, das ist der Hauptgrund. Man fühlt sich nicht wirklich zu Hause, wenn andere Leute Ansprüche auf einige Zimmer erheben. Solange wir keine festen Grenzen besitzen, können wir uns nicht wirklich heimisch fühlen. Vor allem unsere Grenzen zur Westbank hin sind völlig vage. Weil die Siedlungen dort hingepflanzt wurden, um jede Möglichkeit, eine klare Grenzlinie zu ziehen, zu verstellen.

Glauben Sie denn noch an die Zweistaatenlösung?


Die Lage gibt mir nicht viel Grund, optimistisch zu sein. Die Leute sehen keine Hoffnung. Sie werden apathisch und damit zu leichten Opfern von Personen mit starken Meinungen. Man muss sich nur anschauen, wie entschieden die Siedler agieren. Mühelos organisieren sie eine Riesenkundgebung. Die Linken hingegen schwitzen Blut und Wasser, um 400 Leute zusammenzutrommeln.

Sie gehen trotzdem zu diesen kleinen linken Demos.


Zu der Demonstration in Scheich Dscharrah in Ostjerusalem, wo palästinensische Bewohner von jüdischen Siedlern vertrieben werden, gehe ich jede Woche. Und ich fühle mich dort viel angenehmer, als wenn ich daheim herumsitzen würde. Das ist das Wichtigste, was die Linken derzeit tun können: den Kanal für Dialog offenhalten, bis unsere Führer verstehen, dass der Weg zu Frieden über Kompromisse führt.

Zumindest erfährt so die junge palästinensische Generation, dass Israel nicht nur aus Soldaten am Checkpoint besteht.


Es ist wichtig, ein anderes Gesicht Israels zu zeigen. Aber ich weiß nicht, wieweit das ins Bewusstsein der Palästinenser dringt. Neulich habe ich mit einem Freund in Ramallah, einem Schriftsteller, telefoniert. Ich habe ihm gesagt, auch wenn wir uns nicht sehen, sind wir wie Bergleute, die von zwei Seiten an einem Tunnel graben und sich am Ende treffen werden. Ich weiß, dass Sie von Ihrer Seite aus graben. Aber selbst wenn es Sie nicht gäbe, müssen wir tun, was wir tun. Ich sage es ganz offen, mein Hauptinteresse gilt Israel. Und die größte Gefahr für Israel ist, wenn sich nichts ändert. Verzweifeln ist ein Luxus, den ich mir nicht erlauben kann.

Auch im Inneren ist die israelische Gesellschaft nach rechts gerückt. Ein ganzes Bündel neuer Gesetzesinitiativen richtet sich gegen linke Initiativen. Macht Sie das besorgt?


Sehr. Wir sehen so viele Symptome dafür, dass Ängste in Rassismus, Xenophobie und Paranoia umschlagen - allesamt schlechte Berater für eine demokratische Politik. Es ist so einfach, dem rechten Lager und seinen Stereotypen anzuhängen, so einfach, auf alles eine scharfe Antwort zu haben. Die Führer der Rechten sind über Generationen hinweg in ihrer Rhetorik kindisch geblieben. Aber die Macht der religiösen oder extremen Parteien wie der von Avigdor Lieberman wächst.

Hat Ihnen wenigstens jemand von der Regierung zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels gratuliert?


(lacht) Nein, das tun die nie. Hätte ich als Tennisspieler irgendeine Trophäe gewonnen, hätte mich der Premier sicher angerufen.

In der Begründung der Jury heißt es, mit dem Preis ehre man einen Schriftsteller, der sich aktiv für die Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinenser einsetze. Offenbar wollte man auch Ihre politische Stimme stärken.


Ich bin sehr froh, dass sie das getan haben. Es ist ja nichts Selbstverständliches, wenn ein Israeli einen Preis für Literatur und Frieden in diesen Zeiten erhält. In linken Kreisen ist das als enorme Ermutigung aufgefasst worden.

In Ihren Essays über den Schreibprozess berichten Sie von Ihren Versuchen, möglichst tief in eine Romanfigur einzutauchen. Wieweit gehen Sie dabei?


Wir sind in unserem Leben so beschränkt auf die eigene Person. Das Innenleben anderer Menschen zu erforschen ist solch ein Privileg! Es ist die süße Belohnung des Schreibens.