Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Laut Gewerkschaft übernehmen zwei von drei Betrieben ihre Azubis nur befristet. Gibt man jungen Menschen so eine Lebensperspektive und Sicherheit?
Das ist eine Aussage, mit der die IG Metall die Öffentlichkeit für dumm verkauft, weil sie die jetzt schon geltende einjährige Übernahmepflicht als prekär anprangert. Heute werden 75 Prozent übernommen und die anderen 25 Prozent machen zum Beispiel eine Weiterbildung. Wir haben hier kein Problem. Die Firmen werden verstärkt um junge Leute werben, die hervorragende Chancen bei uns haben. Da bringt es nichts, wenn ich das zusätzlich in einen Tarifvertrag hineinschreibe. Und wenn ein Betrieb in Schwierigkeiten ist, nützt auch nichts, was auf dem Papier steht.

Die IG Metall betont die Dreieinigkeit ihrer Forderungen: unbefristete Übernahme der Azubis, Mitbestimmung bei der Leiharbeit und 6,5 Prozent mehr Geld. Wie soll es da einen Kompromiss geben?
Es wird schwierig. Es zeichnet sich bis jetzt leider keine Lösung ab, mit der beide Seiten leben können. Die Zeitarbeit wird von der IG Metall aus derselben Grundmotivation heraus sehr überzeichnet. Sie ist ein wichtiges Arbeitsmarktinstrument, das zu einer modernen Volkswirtschaft dazugehört. Nun wird sie verteufelt, weil sie sich teilweise in eine Richtung entwickelt hat, wo sie nicht hingehört. Ich sage seit zwei Jahren nicht immer zum Vergnügen meiner Mitglieder: Die Zeitarbeit ist nicht als zweite Lohnlinie gedacht. Wenn ein Betrieb strukturell mit den Personalkosten nicht zurechtkommt, können die Betriebsparteien maßgeschneiderte Lösungen ohne Zeitarbeit entwickeln. Die Tarifparteien werden dabei helfen.

Sie befürworten eine Anhebung der Entgelte auf Seiten der Zeitarbeitsverbände. Sind die Abstände zu groß geworden?
Die sind in einigen Bereichen zu groß. Daher wird nicht mehr über das Ob, sondern über die Form der Anhebung gestritten. So hat sich der Branchenzuschlag herauskristallisiert, um bei den Zeitarbeitern mehr Differenzierungswege zu schaffen. Wir wissen, dass die Zeitarbeit damit teurer wird. Das Kernanliegen ist akzeptiert, nur darf man bei der Höhe nicht überziehen, um das Instrument nicht totzumachen.

Somit lässt sich das Thema befrieden?
Ich denke ja, denn im Kern geht es um eine finanzielle Besserstellung in Richtung „equal pay“. Der Grundsatz an sich, „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, ist unumstritten zwischen den Tarifparteien. Ein gewisser Abstand muss aber bleiben. Also muss man versuchen, einen Kompromiss zu finden. Wir wollen in den Tarifverträgen eine Befriedung erreichen. Wir wollen nicht, dass unsere Betriebsräte über das Entgelt von Zeitarbeitnehmern verhandeln, die ganz woanders angestellt sind. Wenn wir dies auch noch anfingen, kämen wir ins Schweinetreiben.

Was spricht gegen mehr Mitbestimmung?
In der Praxis wird der Betriebsrat ohnehin informiert, wenn Zeitarbeiter eingesetzt werden – in den meisten Fällen läuft das völlig reibungslos. Die gesetzlichen Regelungen geben den Betriebsräten ausreichende Mitbestimmungsmöglichkeiten.

Ist es vor allem ein ideologischer Streit?
In einem Tarifkonflikt werden immer Gegensätze deutlich. Die IG Metall reitet momentan aber auf einer düsteren Stimmungswolke und will nicht sehen, was im Vergleich zu anderen Ländern bei uns erreicht wurde. Wenn sie mit Mobilisierung als oberstem Primat überall Unfrieden und Unsicherheit schafft, setzt sie einen wesentlichen Standortvorteil aufs Spiel.