Der Göppinger Kreisbrandmeister Michael Reick ist von der Schlagkraft „seiner“ Feuerwehren überzeugt. Allerdings wird er beim Kreisfeuerwehrtag am Sonntag in Dürnau mit seinen Kameradinnen und kameraden auch über das eine oder andere Problem diskutieren.

Region: Andreas Pflüger (eas)
Kreis Göppingen – - Sind viele Feuerwehrautos auf einem Haufen zu sehen, ist meist etwas Schlimmes passiert – oder es ist Kreisfeuerwehrtag: wie an diesem Sonntag in Dürnau. Der Kreisbrandmeister Michael Reick wird das Fest aber nicht nur zum Feiern nutzen, sondern auch zum Gespräch mit seinen Kollegen über deren Probleme.
Herr Reick, am Sonntag wird die Gemeinde Dürnau in Rot erstrahlen. Bereits um 8 Uhr kommen die Delegierten in der Kornberghalle zum 66. Kreisfeuerwehrtag zusammen, ehe um 11 Uhr das große Kreisfeuerwehrfest beginnt. Was gibt es denn zu feiern?
Der jährliche Kreisfeuerwehrtag ist das größte Fest der Feuerwehren im Landkreis Göppingen. Sich mit gleichgesinnten Feuerwehrkameradinnen und Feuerwehrkameraden in diesem Rahmen zu treffen, ist die Anreise noch immer wert gewesen.
Fahrzeugschau, Rundfahrten, eine Hocketse mit Musik: Ist da auch Platz für sachliche Informationen und womöglich sogar für kritische Auseinandersetzungen mit all den Dingen, die vielleicht nicht ganz so toll laufen?
Neben dem Feiern und der Begegnung wird an diesem Tag die gemeinsame Verpflichtung zu unserem Dienst an der Gemeinschaft natürlich das beherrschende Thema sein. Durch diese Gespräche wird einem immer wieder bewusst, welche Werte die Feuerwehrmitglieder überhaupt zu ihrem Dienst bewegt und welche Ehre es ist, in dieser Gemeinschaft aufgehoben und von dieser getragen zu sein. Natürlich haben wir auch unterschiedliche Ansichten innerhalb unserer Wehren. Die konstruktive Kritik und die Gespräche über mögliche Lösungsansätze werden daher selbst an diesem Festtag nicht zu kurz kommen.
Kommen wir mal zu Themen, die problematisch sein könnten. Wie ist es denn um die personelle Besetzung der freiwilligen Feuerwehren im Stauferkreis bestellt? Viele Angehörige der Wehren sind beruflich anderswo tätig als in ihrem Heimatort. Ist eine Einsatzbereitschaft im Fall der Fälle dennoch gewährleistet?
Rein zahlenmäßig haben wir einen hohen Mitgliederstand. Bei Einsätzen in den Nachtstunden gibt es daher auch keine Probleme. Aber in der Tat ist die Tagesverfügbarkeit unserer Einsatzkräfte ein Thema, das die Feuerwehrkommandanten sehr wohl im Auge behalten müssen. Die hohe Mobilität im heutigen Berufsleben bedingt natürlich, dass auch unsere Feuerwehrangehörigen an ihrem Wohnort während der Arbeitszeit nur bedingt zur Verfügung stehen. Wir versuchen, diesem Problemfeld mit zahlreichen Ansätzen zu begegnen.
Die da wären?
In der letzten Änderung des Feuerwehrgesetzes wurde zum Beispiel das Thema Doppelmitgliedschaften aufgegriffen. Wir haben inzwischen immer mehr Feuerwehrangehörige, die sowohl am Wohnort als auch am Ort ihrer Arbeitsstelle in der Feuerwehr engagiert sind. Dies ist ein sicherlich interessanter Ansatz. Andererseits haben wir während der Tageszeit zunehmend Kooperationen zwischen benachbarten Kommunen. Dass bei einem ernsten Einsatz die Nachbargemeinde ebenfalls alarmiert wird, ist heute in vielen kleineren Gemeinden schon ein Standard.
Gibt es ernsthafte Nachwuchssorgen und wenn ja, was wird dagegen unternommen?
Dass jemand im erwachsenen Alter zur Feuerwehr hinzukommt, ist leider eher selten. Die Mitgliedergewinnung über unsere Jugendfeuerwehren spielt daher eine zentrale Rolle. Diese leisten diesbezüglich einen hervorragenden Beitrag, dem wir insgesamt ein großes Augenmerk widmen.
Und da ja überall gespart werden muss: Wie steht um die technische Ausstattung und deren Qualität?
Ich würde es mal so formulieren: Die technische Ausstattung unserer Wehren ist überwiegend ausreichend. Manche Gerätschaften sind aber bereits erheblich in die Jahre gekommen. Hier hoffe ich, dass die entsprechenden Ersatzbeschaffungen von den Kommunen nicht zu sehr aufgeschoben werden. Bei besonderen Fahrzeugen und Geräten sind wir in stetigen Abstimmungsprozessen auf Kreisebene. Denn nicht jeder benötigt jedwede Gerätschaft. Und letztlich muss jedes Gerät auch bedient und beherrscht werden können. Daher haben wir innerhalb der Feuerwehr Spezialisten, die für besondere Einsatzlagen ausgestattet und ausgebildet sind.
Im Großen und Ganzen läuft also alles so weit noch rund. Aber schauen Sie doch bitte mal in die Glaskugel. Wo könnten die Feuerwehren im Landkreis Göppingen, sagen wir mal beim 76. Kreisfeuerwehrtag, stehen?
Ganz sicher werden die Feuerwehren im Landkreis auch in zehn Jahren mit beiden Beinen im gesellschaftlichen Leben, aber ebenso auf dem Boden der Tatsachen stehen. Wer eine derart lange Tradition hat, beweist doch, dass er sich auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen kann. Die meisten Gemeindefeuerwehren blicken immerhin schon auf eine 100- bis 150-jährige Geschichte zurück.
Dennoch kann das Vertrauen auf diese Tradition aber nicht alles sein.
Sicher nicht. Wir werden für die hinzukommenden Aufgaben weitere zeitgemäße Gerätschaften benötigen. Ein Verkehrsunfall mit einem modernen Fahrzeug birgt ganz neue Risiken. Ein Wohnungsbrand, bei dem nach Personen gesucht werden muss, lässt sich mit einer Wärmebildkamera deutlich effektiver und sicherer durchführen. Für all dies brauchen wir zudem ausgebildetes Personal und hauptberufliche Unterstützung. Den Löschroboter, der mit einer Drohne an den Einsatzort geflogen wird, sehe ich jedoch noch lange nicht. Und daher werden wohl auch in zehn Jahren die meisten Brände noch durch das beherzte Eingreifen der Einsatzkräfte unserer Wehren gelöscht, auf die altbewährte Weise, das Feuer mit Wasser aus Schläuchen und Strahlrohren zu bekämpfen.

Seit 17 Jahren ist Michael Reick Göppinger Kreisbrandmeister

Nach einem Bauingenieurstudium und einer Tätigkeit in der Brandschutzforschung ist Michael Reick seit 1999 als Kreisbrandmeister im Landkreis Göppingen tätig. Er hat die Aufsicht über die Feuerwehren im Kreis und ist zudem Brandschutzsachverständiger im Landratsamt. Reick ist darüber hinaus Honorarprofessor an der Hochschule Biberach und Fachgebietsleiter für den vorbeugenden Brandschutz beim Landesfeuerwehrverband. Michael Reick ist in Eislingen aufgewachsen und hat dort nach wie vor sein Zuhause. Der 46-Jährige ist verheiratet und hat mit seiner Frau zwei Kinder.