Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)
Die Turnsportarten werden nur alle vier Jahre bei den Olympischen Spielen eine Woche lang so richtig wahrgenommen, woran liegt das?
Das ist einfach zu erklären. Der erste Punkt ist, dass die Wettkämpfe zu lang sind. Der zweite Punkt ist, dass die Zuschauer, besonders die Fernsehzuschauer, etwas verstehen wollen. Jeder will mitreden und evaluieren können, was passiert.
Tor oder nicht Tor sozusagen.
Ja, genau! Das ist leicht verständlich. Zu verstehen, warum jemand 7,5 Punkte und nicht 7,7 Punkte in der Ausführung bekommen hat, da braucht man eine Woche.
Die WM hier in Stuttgart ist ja auch ein gutes Beispiel: Der erste Qualifikationstag am Montag dauerte sechseinhalb Stunden, am Dienstag geht es mit den ersten zwei Gerätefinals am Abend noch zwei Stunden länger.
Die Übungen dauern 1:30 Minuten. Danach brauchen wir drei, vier Minuten für die Note. Die Zeit, die wir für nichts verlieren, darunter leidet das Spektakel. Olympische Spiele sind ein gutes Gegenbeispiel. Der Wettkampf ist kurz und knackig.
Sie sind ein Freund der Globalisierung des Sports. Im Turnen ist das in Ihrer Amtszeit durchaus gelungen. Wie beurteilen Sie die russische RSG-Dominanz – fürchten Sie, dass die Russinnen die RSG kaputtsiegen?
Die russische Schule ist die beste, das muss man anerkennen. In der Formel 1 ist momentan Mercedes das Maß der Dinge, weil sie 15 Stundenkilometer schneller fahren können als Ferrari. Da kann auch Sebastian Vettel nichts machen. In der RSG sind die Russen am besten aufgestellt. Sie sind am professionellsten, in allen Facetten. Sie haben das beste System. Andere haben großen Nachholbedarf. Im Augenblick sind wir nicht universell genug, weil fast nur Europa gute Gymnastinnen hervorbringt.