Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Reicht das, um die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise zu überstehen?
Das zentrale Problem ist, dass wir es verpasst haben, eine tragfähige politische Union zu schaffen. Wir haben ein Schiff gebaut, das nur darauf vorbereitet war, auf einem friedlichen Gewässer zu fahren. Nun segeln wir in einen Sturm, und wir haben nicht die notwendigen Instrumente, um diesen Sturm überstehen zu können. Wir brauchen die politische Union, nur die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Währungsunion genügen nicht. Wir brauchen mehr Europa.

Im Moment scheint in der EU eher der Egoismus die Oberhand zu gewinnen.
Daran haben auch die Politiker ihren Anteil, weil sie die europäische Idee nicht effektiv genug propagiert haben. Wenn etwas gut lief in einem Staat, dann hatte es die eigene Regierung gemacht. Wenn es schlecht lief, war Brüssel schuld. Das muss aufhören. Die Menschen müssen sich mehr mit Europa identifizieren, etwa durch einen direkt gewählten Präsidenten von Europa. Auch an der Basis kann mehr gemacht werden, indem zum Beispiel die Städte, die Gemeinden und die Menschen mehr zusammenarbeiten. Sie tauschen ihr Wissen aus, gründen Freundschaften und sehen, dass überall Leute leben mit den gleichen Problemen und Chancen.

Bei den letzten Wahlen in Griechenland haben einige extreme Parteien viele Stimmen gewonnen. Besteht die Gefahr einer Radikalisierung der Gesellschaft?
Das ist tatsächlich ein großes Problem. Wir hatten in Griechenland noch nie Schwierigkeiten mit solchen Extremisten, Nationalisten und Anarchisten. Nun sind aber viele Menschen von Armut bedroht und flüchten sich in solche Ideen. Um diese radikalen Kräfte unter Kontrolle zu halten, müssen wir etwas tun, und Europa muss uns dabei helfen. Ich meine nicht nur finanzielle Hilfe, sondern auch moralische und politische Unterstützung. Wenn die Menschen in Griechenland trotz der vielen Anstrengungen und Entbehrungen immer nur den erhobenen Zeigefinger vor die Nase gehalten bekommen, ist das nicht gut. Das ist auch eine Frage des Respekts.

Fühlen sich die Griechen alleingelassen?
Nehmen wir nur das Beispiel der Flüchtlinge. 90 Prozent der illegalen Einwanderer nach Europa kommen über unser Land. Das heißt: die Griechen verteidigen die Grenzen Europas. Das kostet uns jedes Jahr sehr viel Geld. Wir geben diesen Menschen kostenlose Gesundheitsfürsorge und Sozialhilfe. Das bezahlen wir aus dem griechischen Haushalt. Wenn jemand kritisiert, dass wir nicht sparen, dann muss er auch diese Situation bedenken.