Gab es bei Ihnen keinen Moment, in dem Sie dachten: warum tue ich mir das an?
Ich hatte auch eine Phase, da lief es bei mir nicht gut – 1994. Damals habe ich wirklich überlegt: Tue ich mir das noch an? Aber da war ich noch jung, und hatte auch sportlich noch nicht das erreicht, was ich wollte. Zum Glück habe ich nicht aufgehört. Man muss auch über Talfahrten hinweggehen, damit man wieder groß werden kann.

Vermissen Sie Ihre aktive Zeit?
Nein. Ich bin überglücklich mit meiner Karriere und beschwere mich überhaupt nicht. Aber ich war in meinem ganzen Leben noch nie so zufrieden wie jetzt. Die zwei Kinder sind gesund und mit meinem Freund läuft es super.

Warum geht es Ihnen nun besser?
Während meiner aktiven Karriere war ich sehr zufrieden, man kennt ja nichts anderes. Aber jetzt als Mutter von zwei Kindern ist es noch besser. Erst seit ich aufgehört habe, weiß ich, welch extremen Druck ich eigentlich hatte. Nachts habe ich oft sehr schlecht geschlafen.

Was hat sie damals belastet?
Es waren einfach Dinge, bei denen ich gemerkt habe, das belastet mich. Und der Druck ist immer schlimmer geworden: innerhalb der Mannschaft, von den Medien und von mir selber. Ich bin mit dem Druck eben nicht mehr so gut klargekommen. Ich habe es im Schießen gemerkt, denn es ging immer schlechter statt besser.

Hatten Sie einen Mentaltrainer?
Ich habe zwei Jahre lang mit einem gearbeitet, das hat ganz gut gefruchtet. Aber es kam für mich zu spät, ich hätte schon viel früher damit anfangen sollen. Damit man einfach aus dem ganzen herauskommt. Ich bin auch nicht so cool. Ich habe eben oft Nerven gezeigt, wenn es im Schießen danebenging. Aber der Druck war nach meiner Karriere plötzlich weg. Ich war wie befreit.

Während Neuner, wie Sie nun, sich bald dem Privaten widmen kann, entsteht hinter ihr eine große Lücke.
Der Übergang wird bestimmt keine leichte Sache. Wichtig ist immer nur, dass eine oder einer aus der deutschen Mannschaft erfolgreich ist. Und da gibt es ja auch einige andere: etwa Andreas Birnbacher und Arnd Peiffer. Die beiden werden dafür sorgen, dass dieses Loch nicht zu groß wird. Es hat auch Zeiten gegeben, in denen die Männer unten waren. Da haben die Frauen es rausgerissen. Jetzt ist es mal andersrum und die Frauen müssen sich freischaufeln. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es zum Beispiel bei Miriam Gössner bald richtig mit dem Schießen klappt. Irgendwann macht es klick, und dann läuft der Laden. Es sind ja noch Gute da.

Dennoch will der Deutsche Ski-Verband Langläuferinnen zu Biathletinnen umschulen. Nun hat auch Evi Sachenbacher-Stehle verkündet, den Wechsel testen zu wollen.
Ich denke, sie soll es halt probieren. Dass Evi schnell Langlaufen kann, das weiß man ja. Ob sie ein Schießtalent hat, wird sie testen müssen.