Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Wie ergeht es Ihnen als Unternehmer mit einem Standort in den USA – spüren Sie schon eine Veränderung des Klimas?
Ja, aber am ehesten als eine Art Aufbruchstimmung. Wir haben seit 1978 ein Werk in Pittsburgh – unsere größte Auslandsniederlassung mit etwa 120 Beschäftigten. Wir setzen in den USA etwa 50 Millionen US-Dollar um, was für mein Unternehmen wirklich viel ist. Ich habe viel mit unserem Manager, der ein überzeugter Republikaner ist, über Donald Trump gesprochen. Er sagt: Trump hat jetzt seine Chance. Die Amerikaner sind da viel pragmatischer. Die Leute speziell in den Staaten zwischen der Ost- und der Westküste mögen Trump. Die versprechen sich von ihm eine deutliche Belebung der Konjunktur.
Davon würden auch baden-württembergische Unternehmen profitieren?
Grundsätzlich ja. Ich kenne in der Metall- und Elektroindustrie nur wenige Unternehmen mit einer reinen Importstrategie für den US-Markt. Die Automobilhersteller und Zulieferer etwa haben in aller Regel auch große Werke in den Vereinigten Staaten mit lokaler Wertschöpfung. Die wären von Trumps Erschwernissen lediglich überschaubar betroffen.
Sie meinen die Erwägungen Trumps, Unternehmenssteuern von 35 auf 15 bis 20 Prozent zu senken sowie hohe Strafzölle von 30 bis 35 Prozent einzuführen, sobald ein Unternehmen in die USA importiert. Welche Folgen hätten Strafzölle für die deutsche Wirtschaft?
Ganz unterschiedliche. Wenn ich als Beispiel mein Unternehmen nehme: Mehr als 70 Prozent unserer Umsätze in den USA sind vor Ort erzeugt, entstehen also in lokaler Wertschöpfung. Der Importanteil ist äußerst gering. Das meiste wird in den USA zugekauft. Mit einer Einfuhrbegrenzungspolitik würde die Regierung Gefahr laufen, einen großen Teil der eigenen Wirtschaft aus dem internationalen Wettbewerb zu schießen.
Wie sollte die Bundesregierung reagieren, wenn Trump die Importe stark verteuert – mit einer Anhebung der Importsteuern für US-Produkte als Revanche?
Welche Konsequenzen die europäische Union oder die Bundesregierung daraus ableiten sollten, können wir erst sagen, wenn wir sehen, was die Amerikaner tun.
Trump sind vor allem die massiven Exportüberschüsse Deutschlands ein Dorn im Auge – ist das denn noch fairer Wettbewerb?
Wir erzielen einen Überschuss von 40 Milliarden Euro, das ist nicht wirklich viel, gemessen am Inlandsprodukt. Aber was in Amerika an deutschen Produkten gekauft wird, entscheiden die amerikanischen Verbraucher. Die lieben deutsche Produkte und ihre Qualität, und ich kann mir nur bedingt vorstellen, dass sich dies aufgrund einer neuen Steuergesetzgebung schlagartig ändert.
Das Trump-Team sieht dies in Verbindung mit dem aus seiner Sicht unterbewerteten Euro als Ausplünderung der USA?
Ähnliches hat man auch über den Exportüberschuss der Chinesen parat. Eine Abschottungspolitik, bei der man bis zum Schreibpapier alles im eigenen Land beziehen will, geht in dieser global vernetzten Welt nicht mehr. Die amerikanische Automobilindustrie war einmal die größte der Welt. Dass sie heute anders da steht, liegt mit Sicherheit nicht daran, dass die Grenzen offen waren – sondern auch daran, dass man sich zu lange auf den Binnenmarkt konzentriert hat und Tendenzen in anderen Ländern ignoriert hat.
Sigmar Gabriel hat noch als Wirtschaftsminister angedeutet, dass sich die deutsche Wirtschaft stärker anderen Märkten zuwenden könnte. Wäre das ein Weg für Sie?
Nein, denn das suggeriert, dass wir bisher andere Märkte links liegen lassen. Der deutsche Mittelstand lebt in einer globalisierten Welt, und jeder Mittelständler, den ich kenne, exportiert in alle Industrieländer dieser Welt. Deswegen können wir einen sich verlangsamenden Markt nicht durch einen anderen ersetzen, den wir ohnehin schon ausgiebig bedient haben. Es ist nicht so, dass wir neue Märkte erschließen werden, die wir vorher noch nicht kannten, wenn es in den USA schlechter läuft als bisher. Schwankungen gehören dazu – man denke nur an das Russland-Embargo oder an die politischen Schwierigkeiten im Nahen und Mittleren Osten, den Brexit nicht zu vergessen. Vielleicht geht der Iran wieder auf – da ist sehr viel Bewegung drin.
In China oder Osteuropa ist der Ton ist schon ein anderer. Peking wirbt plötzlich demonstrativ für den Freihandel.
Der Ton war schon vor Donald Trump ein anderer. Die Chinesen haben konjunkturelle Probleme in ihrem Land. Die haben riesige Produktionskapazitäten geschaffen, die sie jetzt nicht auslasten können – in der Stahlindustrie etwa. Dann geht man mit Dumpingpreisen in den Markt, sodass es Ärger mit anderen Ländern gibt, die ihre heimische Industrie schützen wollen. Das ist kein Trumpsches Problem.