Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)
In diesem Wahlkampf gibt es erstaunliche Parallelen zwischen Linken und FDP. Beide hatten 2009 ein hervorragendes Ergebnis und riskieren jetzt, unter der Messlatte durchzulaufen.
Ich bitte Sie! Die FDP liegt bei fünf Prozent, und wir haben acht. Das sind enorme Differenzen. Aber: Wir sind die einzigen Parteien, die den Mittelstandsbauch bei der Einkommensteuer beseitigen wollen – sie allerdings ohne und wir mit Erhöhung des Spitzensteuersatzes.
Ein Alleinstellungsmerkmal der Linken ist, dass sie als einzige Partei keine Machtoption hat. Warum sollen die Wähler bei Ihnen ihr Kreuz machen?
Alle anderen Fraktionen sind für Kriegsbeteiligungen – wir sind strikt dagegen. Wir sind dagegen, dass Deutschland der drittgrößte Waffenexporteur der Erde ist – die anderen haben diese Exporte genehmigt. Wir wollen den Euro auch retten – aber nicht mit den Rettungsschirmen, die die anderen beschlossen haben. Wir wollen die prekäre Beschäftigung abschaffen, wir halten die Senkung des Rentenniveaus und die Kürzung um zwei Jahre für falsch, wir wollen die Grundstruktur von Hartz IV verändern. Das alles sind Gründe, wo man zwischen uns und den anderen wählen kann.
Keine Partei heißt Militäreinsätze zu Gunsten deutscher Interessen gut. Alle treten für soziale Gerechtigkeit ein. Insofern sind die Linken vielleicht pazifistischer oder sozialer – aber das ist ein gradueller, kein fundamentaler Unterschied.
Doch, aber es gibt verschiedene Gründe, warum ich Sozialist geblieben bin, obwohl ich sehe, was der Kapitalismus kann: Er kann eine hocheffiziente Wirtschaft hervorbringen, Top-Leistungen in Wissenschaft, Forschung, Kunst und Kultur. Aber es gibt auch Sachen, die er nicht kann. Er kann weder Frieden noch soziale Gerechtigkeit oder ökologische Nachhaltigkeit erbringen. Noch etwas stört mich wahnsinnig: Jährlich sterben auf der Erde 18 Millionen Menschen an Hunger oder seinen Folgen. Dabei haben wir eine Landwirtschaft, die die Menschheit zweimal ernähren könnte. Warum sind wir trotzdem nicht in der Lage, den Hungertod zu stoppen? Das lässt mich zweifeln am Kapitalismus, was aber keinesfalls heißt, dass ich zum gescheiterten Staatssozialismus zurückkehren will.