Wie haben Sie von der Nominierung erfahren?


Ein Mitglied der Academy verliest in aller Frühe die Liste der Nominierten. Da sitzt man dann und wartet - und ist total enttäuscht, wenn die eigene Kategorie gar nicht genannt wird. Meine Mitarbeiter haben dann sofort angefangen, wie wild im Internet nach der Liste mit den Nominierten zu suchen. Plötzlich riss Max Stöhr, einer der beiden Chefanimatoren des "Grüffelo", die Arme hoch: Wir standen tatsächlich auf der Liste.

Was hat sich seitdem verändert?


Zur normalen Arbeit kam vor allem, meine Reise in die Vereinigten Staaten zu organisieren. Im Moment ist eben alles noch ein bisschen stressiger als sonst. Zum ersten Mal in meinem Leben muss ich darüber nachdenken, mir einen Smoking zu besorgen. Zum Glück kann man sich diese Dinger auch leihen!

Von Ludwigsburg auf den roten Teppich, wie nervös sind Sie?


Ich fliege relativ entspannt zur Oscarverleihung. Für mich steht mehr die Gelegenheit, unsere Nominierung zu feiern im Mittelpunkt und weniger die Chance, den Preis tatsächlich zu bekommen. Aber natürlich wird sich das in der Oscarnacht ändern. Wenn dann alle Autos in dieselbe Richtung fahren und vor dem Kino halten, wird mich das wahrscheinlich auch nicht mehr kaltlassen.

Haben Sie schon darüber nachgedacht, mit wem Sie auf der Aftershowparty reden wollen?


Das lasse ich auf mich zukommen.

Hat sich Pixar, der Branchenprimus, denn schon bei Ihnen gemeldet?


Nein, das werden sie auch nicht. Die telefonieren nicht die Liste der Oscarnominierten ab. Als Besucher bin ich in der Woche vor der Verleihung in die Studios eingeladen. Außerdem werden wir unseren Film dort zeigen, und es gibt auch Gespräche mit den Zuschauern. Alles in allem erwartet uns in den Staaten ein ziemlich durchstrukturierter Tagesablauf.

Träumen Sie davon, irgendwann einmal für Pixar zu arbeiten?


Während des Studiums ist das natürlich ein großer Traum. Nirgends kann man mehr lernen als bei Pixar. Heute ist meine Lebensplanung aber stark von unserem Studio abhängig. Unsere Arbeit unterscheidet sich stark von der bei Pixar. Wir machen Kurzfilme, Pixar macht Trickfilme in Spielfilmlänge, wie "Toy Story". Der "Grüffelo"-Film war für mich das Ende einer Reise vom Dreißigsekünder hin zum Dreißigminüter. Das ist schon ein großer Schritt.

Sie haben an der Filmakademie in Ludwigsburg studiert. Ein Studium ist oft lediglich der Zugang zu einem Job, die eigentlichen Inhalte spielen später oft keine große Rolle mehr. Wie ist das bei Ihnen?


Ich habe Animationsregie studiert, das Studium an der Akademie ist sehr praxisorientiert. In meinem Job wende ich jeden Tag genau das an, was ich im Studium gelernt habe: vom Entwurf der Charaktere, über die Kameraführung bis zum Schnitt muss der Regisseur einige Baustellen im Kopf behalten. Das meiste davon habe ich tatsächlich im Studium zum ersten Mal verstanden.

Was unterscheidet Sie als Trickfilmer von einem Spielfilmregisseur?


Das ist schon eine andere Kiste. Beim Trickfilm fängt man mit nichts an. Es gibt keine Schauspieler und keinen Schauplatz. Jedes Haus, jeden Baum, jede Figur muss man sich selbst ausdenken. Meine erste Aufgabe ist es, das Drehbuch zu lesen und es so zu verstehen, dass in mir der Film Gestalt annimmt. Für eine Sekunde Film brauchen wir 25 Bilder. Das bedeutet zwar eine wahnsinnig intensive Planungsarbeit, ist aber auch das Schöne an unserer Arbeit.

Für den "Grüffelo" war Ihre Grundlage das gleichnamige Buch der Britin Julia Donaldson...


...ein Buch, das von seinen Lesern sehr geliebt wird. Als Erstes habe ich mich daran gemacht, den Kern der Geschichte, also das, was die Menschen so an dem Buch mögen, zu verstehen. Dann habe ich mir überlegt, wie ich dem zweidimensionalen Grüffelo eine Körperlichkeit geben kann. Dazu gehören die Mimik, die Stimme und die Bewegungen der Figur.

Der deutschen Fassung haben Heike Makatsch und Christian Ulmen ihre Stimmen geliehen. War das Ihre Traumbesetzung?


Ich habe genau die Schauspieler bekommen, die ich auch dafür haben wollte. Die Vorverhandlungen waren für die deutsche Version allerdings schwieriger als für die englische. In England hat der Trickfilm einen ganz anderen Stellenwert als hier in Deutschland, dort haben inzwischen zehn Millionen Menschen unseren Film gesehen - und wirklich alle kennen das "Grüffelo"-Buch.

Haben Sie auf den Film viele Reaktionen von Zuschauern bekommen?


Ja, die Fans haben sehr positiv reagiert, sie haben ihr Lieblingsbuch in unserem Film wohl wiedererkannt. Das Buch wendet sich eigentlich an kleinere Kinder zwischen drei und sechs Jahren, aber auch ältere Kinder und Eltern mögen es. Für uns ist das wichtig, denn schließlich entscheiden die Eltern, was die Kinder im Fernsehen anschauen.

Kinder können die härtesten Kritiker sein.


Genau. Und deshalb schaue ich mir unsere Filme am liebsten zusammen mit Kindern an. Dann sehe ich an ihrer Reaktion, was funktioniert und was nicht.