Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick kritisiert scharf die Geheimhaltungspolitik der Regierung bei der Rettung der angeschlagenen Großbanken. Er rechnet mit hohen Verlusten.


Herr Schick, der Bankenrettungsfonds Soffin meldet erstmals Gewinne. Gibt es Hoffnung, dass die Bankenrettung mit einem Einsatz von bis zu 500 Milliarden Euro am Ende gut ausgeht? Berlin
Das sehe ich nicht. Seit der Gründung des Bankenrettungsfonds 2008 ist ein Defizit von 23 Milliarden Euro aufgelaufen. Einzelne Jahresmeldungen sagen nicht viel aus. In Wahrheit handelt es sich beim Soffin um einen Schattenhaushalt des Bundes. Der Fonds müsste jetzt viele Jahre Überschüsse erwirtschaften, um die angefallenen Verluste auszugleichen. Das ist völlig unrealistisch.

Hat der Steuerzahler einen Einblick über die wahre Geschäftslage bei der Soffin?
Nein. Der Jahresabschluss wird leider nicht veröffentlicht. Die Grünen haben im vergangenen Jahr Druck auf mehr Transparenz gemacht, so dass zumindest ein Rumpfgeschäftsbericht öffentlich gemacht wird. Der Jahresabschluss bleibt jedoch geheim. Der Steuerzahler erfährt nicht, wie einzelne Beteiligungen bewertet werden.

Der Bürger erfährt erst nach Jahrzehnten , wie die Bankenrettung ausgeht ?
Genau. Irgendwann wird der Fonds abgewickelt. Dann teilen sich Bund und Länder mögliche Verluste, wobei der Bund 65 Prozent übernimmt und die Länder 35 Prozent. In zwanzig Jahren werden den Steuerzahlern Rechnungen für Fehler präsentiert, die lange Zeit zurückliegen. Die späte Endabrechnung geht zu Lasten der jüngeren Generation. Das ist unfair. Deswegen wollen wir Grünen, dass diese Lasten mit einer einmaligen Abgabe auf große Vermögen abgezahlt und nicht verschoben werden.

Der Bund ist in der Krise bei der Commerzbank eingestiegen und hat sich jüngst trotz des niedrigen Kurses von einem Teil seiner Aktien getrennt. Wäre es nicht klüger gewesen, auf höhere Kurse zu warten?
Es ist richtig, dass jetzt der staatliche Anteil bei der Commerzbank reduziert und das Eigenkapital erhöht wird. Die Commerzbank soll sich vom Bund verabschieden und wieder auf eigenen Füßen stehen. Jetzt wird aber sichtbar, dass die staatliche Beteiligung an der Commerzbank von Anfang an ein riesiges Verlustgeschäft war. Die Konditionen waren von Anfang an für den Steuerzahler ungünstig gesetzt. Die Schweizer Politik beispielsweise hat die Konditionen bei der Stützung der UBS für den Schweizer Steuerzahler besser ausgestaltet als die deutsche Regierung die Konditionen bei der Commerzbank-Rettung. Das gilt auch für den Vorstand. Der Bund hat die Verantwortlichen, die für das Chaos verantwortlich waren, auf ihren Posten belassen – ein Fehler.

Die Bankenrettung ist ein Aspekt. Der deutsche Staat profitiert gleichzeitig von historisch niedrigen Zinsen. Ist Deutschland ein Krisengewinner?
Was gut für den Bundeshaushalt ist, ist nicht unbedingt gut für alle. Finanzminister Wolfgang Schäuble kann zwar im Moment so tun, als ob die Lage im Bundeshaushalt rosig wäre. Der Rückgang der Defizite ist aber nur auf die niedrigen Zinsen zurückzuführen und sollte nicht zur Annahme verleiten, die Haushaltsprobleme seien gelöst. Den Nachteil niedriger Zinsen haben Sparer und Kunden von Lebensversicherungen, die geringere Renditen erhalten. Außerdem leidet die Wirtschaft zunehmend unter der Dauerkrise im Euroraum. Die Bürger in Deutschland spüren die Krise, wenngleich der Bundeshaushalt profitiert. Das passiert außerdem auf dem Rücken anderer Staaten, die deswegen höhere Zinsen zahlen müssen.