Die Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie gerät in die entscheidende Phase. Am 11. Februar wird zum dritten Mal verhandelt. IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger verlangt von der Gegenseite ein Signal des Einlenkens – sonst folgt die Urabstimmung.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Stuttgart - - Am nächsten Mittwoch treffen sich IG Metall und Südwestmetall zur dritten Verhandlungsrunde in Sindelfingen. Dann dürfte sich schon zeigen, ob die Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie eskaliert. In diesem Fall käme es wohl in der ersten Märzhälfte zur Urabstimmung. Die Fronten sind nach dem Angebot der Arbeitgeber unerwartet verhärtet.
Herr Zitzelsberger, Sie haben das Gehaltsangebot der Arbeitgeber von 2,2 Prozent gelobt, es sei nicht die übliche Provokation. Weil es sich um eine der Wirtschaftslage angemessene Größenordnung handelt?
Die 2,2 Prozent erscheinen für sich betrachtet deutlich positiver als frühere Angebote. Zu sagen, die Zahl sei nicht die volle Provokation – dazu stehe ich. Aber sie ist Bestandteil von einem Gesamtpaket. Sie ist auch der Versuch der Arbeitgeber, uns qualitative Forderungselemente abzukaufen. Im gleichen Angebot wurde unser Finanzierungsbeitrag, den wir im Jahr 2008 für die Altersteilzeit erbracht haben, schlicht gestrichen. Wenn man diese 0,4 Prozentpunkte abzieht, ist das Angebot von 2,2 Prozent entsprechend weniger wert. In der Gesamtbetrachtung erscheint es dann doch als nicht ausreichend.
Nun rollt die Warnstreikwelle. Ist das eine routinierte Drohgebärde oder richten Sie damit schon Schaden an in den Firmen?
Wenn ich sehe, dass es insbesondere Automobilhersteller nur mit enormen Zusatzschichten schaffen, die bestellten Fahrzeuge zu liefern, wirkt sich ein halber Tag Produktionsausfall natürlich aus. Ein Warnstreik soll ökonomischen Druck entfachen – das ist ja kein Kindergeburtstag. Er soll aber auch deutlich machen, dass die Beschäftigten hinter den Forderungen stehen. Bis zur dritten Verhandlung am 11. Februar hatte ich 100 000 Teilnehmer erwartet – es werden signifikant mehr sein. Das ist ein Beleg dafür, dass die Beschäftigten unseren Kurs unterstützen.
Sind die Warnstreiks nicht ohnehin ein Selbstläufer für die IG Metall?
Es gibt von Tarifrunde zu Tarifrunde Unterschiede. Man merkt, dass mehr als normalerweise kommen – das geht von Daimler und Bosch hinunter bis zum kleinen Mittelständler. Auch dort machen sich die Beschäftigten große Sorgen, wenn so ein wichtiges Instrument wie Altersteilzeit nicht mehr wie bisher funktionieren soll. Zudem hat die Arbeitgeberseite unterschätzt, dass die Forderung zur Bildungsteilzeit bei den Belegschaften verfängt. Ich bekomme da ganz viele positive Rückmeldungen.
Wie groß ist momentan die Gefahr einer Urabstimmung: bei 30 oder bei 70 Prozent?
Momentan würde ich von fifty-fifty ausgehen. Es hängt maßgeblich davon ab, ob in der dritten Verhandlung am 11. Februar ein deutliches Signal der Arbeitgeber kommt, sich zu bewegen – insbesondere in den qualitativen Elementen. Dieses sehe ich noch nicht. Ich möchte das nicht als Drohung verstanden wissen, aber eine Urabstimmung ist für uns kein Zufallsprodukt. Falls diese notwendig wird, sind wir gut vorbereitet.
Stellen Sie ein Ultimatum?
Sie lenken mich in eine Richtung, die ich jetzt gar nicht einschlagen möchte. Wenn ich als Bezirksleiter der IG Metall die Worte Urabstimmung und Streik ausspreche, muss der Arbeitgeberseite klar sein, dass dies ernst gemeint ist. Momentan möchte ich ihr noch ganz bewusst die Möglichkeit geben, sich bis zum 11. Februar nennenswert zu bewegen. Deshalb will ich jetzt noch kein Ultimatum aussprechen.