Wo Sie gerade das Singen erwähnen: das haben Sie doch schon in „Die Tribute von Panem“ gehasst. Trotzdem mussten Sie in „Joy“ diesbezüglich wieder ran.
Singen gehört zu den ganz großen Ängsten in meinem Leben. Wenn ich singen muss, fühle ich mich unglaublich verletzlich und schäme mich geradezu. Zum Glück haben wir bei „Joy“ eine verträgliche Lösung gefunden: Während des Drehs dieser wunderschönen Szene, zu der nun einmal Gesang gehörte, musste ich nur die Lippen bewegen. Der Gesang entstand nachträglich in einem Aufnahmestudio, wo mich zum Glück außerdem dem Techniker niemand hören konnte.
Die Rolle der Joy hat Regisseur Russell Ihnen auf den Leib geschrieben.
Ich sitze nicht neben ihm und diktiere meine Wünsche, wenn Sie das meinen. Aber wir verbringen viel Zeit zusammen und reden. Es liegt dann an ihm, was er davon ins Drehbuch einfließen lässt. Davids Vorstellungskraft läuft einfach permanent auf Hochtouren. Manchmal kommen ihm Ideen, wenn er mir einfach zusieht, wie ich mir die Haare föhne. Dann rennt er plötzlich aus dem Raum, um etwas aufzuschreiben – ohne dass dabei am Ende eine Szene entsteht, in der überhaupt ein Föhn vorkommt.
Also sehen wir auf der Leinwand keine Szene, für die Sie direkt Pate standen?
Doch, mindestens eine gibt es. Und zwar diejenige, in der ich als Joy im Film verschiedene Umzugskisten auspacke. David hat mir ja in den letzten fünf Jahren mehr oder weniger beim Erwachsenwerden zugeschaut. Er hat miterlebt, wie ich aus der kleinen Eigentumswohnung meiner Eltern auszog und mir mein erstes eigenes Apartment suchte. Er war dabei, als ich Kisten auspackte und plötzlich Erinnerungsstücke aus meiner Kindheit wiederfand, was für diese Szene in „Joy“ nun die Vorlage war.
Sie. . .
Halt, ich wollte kurz noch etwas klarstellen. Nicht dass wieder Falschmeldungen die Runde machen. Ich bin nicht erst mit Mitte 20 bei meinen Eltern ausgezogen! Die Wohnung, aus der ich damals auszog gehörte ihnen nur, wir wohnten da nicht zusammen. Das wäre ja doch eher peinlich!
Okay, ist notiert! Aber zurück zur Frage: Sie spielen immer wieder starke Frauen, sei es nun die Unternehmerin in „Joy“ oder natürlich Katniss in der „Panem“-Filmreihe. Dahinter steckt Methode, oder?
Nein, das glaube ich nicht. Ich gucke nicht gezielt, ob die Rollen, die ich spiele, starke Frauen sind. Mir ist nur wichtig, dass mich ein Projekt interessiert, und das kann ohne Frage auch bei einer schwachen Person der Fall sein.