Nach außen hin sah es so aus, als ob trotz der unbefriedigenden Ergebnisse weitgehend Harmonie im deutschen Team herrscht. Hatten Sie auch diesen Eindruck?
Eine gute Stimmung ist was Schönes, wenn man erfolgreich ist. Das waren wir aber nicht. Deshalb hoffe ich, dass man kritisch mit der Sache umgeht. Es bringt nichts, während der Tournee ein Fass aufzumachen, doch jetzt muss es schon mal krachen – am besten gleich heute oder morgen, wenn alles ausgewertet ist. Schließlich waren wir nicht auf einer Urlaubsfahrt.
Müsste Werner Schuster Ihrer Meinung nach lauter auf den Tisch hauen?
Seine Arbeit war bisher ja nicht schlecht. Der Verband will, dass jüngere Leute herangeführt werden – und das passiert auch. Talente sind integriert worden wie Marinus Kraus – auch wenn er nicht zu einem Thomas Diethart geworden ist.
Aber ist es nicht auch die Aufgabe von Schuster, für Reibung zu sorgen, um so bei den Athleten neue Kräfte freizusetzen?
Da sind aber auch die Athleten gefordert. Denn das hat etwas mit der Atmosphäre und dem Umgang im Team zu tun. Wir sind kein Mannschaftssport. Im Skispringen muss man sich selbst der Nächste sein – nach dem Motto: Mein Kollege ist mein Konkurrent, den ich nicht heiraten, sondern unbedingt bezwingen will. Bei uns kommt es dagegen so rüber, dass wir zu lieb und zu nett zueinander sind.
Das ist bei den Österreichern etwas anders?
Vor diesem Winter lautete meine Prognose, dass sich die Österreicher mehr und mehr aus der Weltspitze verabschieden werden. Sie haben jedoch wieder das Gegenteil bewiesen – leider.
Warum leider?
Weil sie unsere Rivalen sind.
Dann könnten wir es ihnen doch einfach methodisch nachmachen.
Mit Thomas Diethart erklärt sich das Phänomen Skispringen – es ist nicht zu erklären. Plötzlich weiß einer, wie es geht, wie damals Sven Hannawald.
Bei welchem deutschen Springer sehen Sie das meiste Potenzial?
Im Moment bei keinem. Andreas Wellinger, Severin Freund und Richard Freitag sind auf Augenhöhe. Marinus Kraus ist nicht weit entfernt. Aber am Ende fehlt allen seit drei Jahren die Konstanz.
Was würde Sie im Februar bei den Olympischen Spielen in Sotschi mehr überraschen – der Sieg von Diethart oder ein Podestplatz eines DSV-Athleten?
Beides ist möglich – aber nur wenn einer unserer Springer alles abrufen kann.