Als Erzieherin müssen Sie sich auch mit kulturellen Besonderheiten auskennen: Ramadan, koscheres Fleisch.
Bei uns ist es nicht so, dass ein Kind wegen des Ramadans tagsüber nichts essen darf. Aber viele muslimische Kinder dürfen keine Gelatine essen, die bekommen dann statt der Gummibärchen etwas anderes. Wir sprechen sehr viel mit den Eltern, die uns über Besonderheiten informieren.
In vielen Situationen brauchen Sie bestimmt gute Nerven.
Das ist für mich kein Problem. Ich habe fünf Geschwister, ich bin die Älteste. Die anderen sind zwischen drei und 19 Jahren alt. Ich musste früh auf meine jüngeren Geschwister aufpassen, daher kenne ich die Rolle schon lange. Meine Tante arbeitet auch als Erzieherin. Ich war oft bei ihr, der Beruf hat mich schon immer interessiert.
Ihr Vater stammt von der Karibikinsel Martinique, Ihre Mutter ist Deutsche. Wo haben sie sich kennengelernt?
In Freiburg, wo meine Mutter noch immer lebt. Mein Vater war früher beim Militär. Mit Anfang 20 kam er nach Europa, er diente in Frankreich und in Deutschland. Ich wurde in Paris geboren, als ich sechs war, sind wir wieder nach Deutschland gezogen, wo ich in Freiburg aufwuchs. Weil ich zweisprachig großgezogen wurde, fiel mir die Umstellung leicht.
Wie gut kennen Sie die Heimat Ihres Vaters?
Leider nur aus seinen Erzählungen, aus Bildern, die ich mir angesehen habe und aus Clips aus dem Internet. Viele meiner Cousinen, Tanten und Onkel leben auf der Insel, die meisten von ihnen habe ich noch nie gesehen. Ich habe den großen Wunsch, Martinique bald kennenzulernen und hoffe, dass ich im nächsten Jahr mit meinem Vater hinfliegen kann.
Was hat Sie bisher daran gehindert?
Vor allem der Leistungssport. In den Monaten, in denen mein Vater oft nach Martinique geflogen ist, musste ich viel trainieren oder es fanden Wettkämpfe statt. Und wenn die Wettkämpfe vorbei waren, fing die Schule wieder an.
Sie wurden in der Schule wegen Ihrer Hautfarbe gehänselt. Wie kam es dazu?
In der Grundschule gab es noch keine Probleme. Die meisten Kinder waren einfach nur neugierig wegen meiner Hautfarbe und wollten beispielsweise meine Haare anfassen. Das habe ich nie als negativ empfunden. Als ich auf die Realschule kam, hat sich das geändert. Es gab viele dumme Kommentare, die mich sehr gestört haben.
Wie haben Sie darauf reagiert?
Ich war schüchtern, es war eine schlimme Zeit für mich. Meiner Mutter habe ich nichts davon erzählt, weil es für sie als Alleinerziehende auch nicht einfach war – da wollte ich sie nicht zusätzlich belasten.
Haben Ihnen Klassenkameraden geholfen?
Leider nicht. Einmal hat mich ein Junge richtig beleidigt, das habe ich dann einer Lehrerin erzählt, aber sie hat es nicht ernst genommen. Sie dachte vielleicht, dass es ein normaler Streit unter Kindern sei. Ich hatte immer mehr Schwierigkeiten in der Schule. Sobald ich dort war, dachte ich nur noch: „Ich will nach Hause.“ Meine Noten wurden schlechter, mein Selbstbewusstsein war zerstört.
Wann kam für Sie der Punkt, an dem Sie wussten, dass sich etwas ändern muss?
Das war bei dem Fall, über den wir gerade gesprochen haben. Ich wusste, dass ich es nicht mehr länger ertragen kann und wechselte die Schule. In meiner neuen Klasse gab es keinerlei Probleme mit rassistischen Beleidigungen. Mein Leben war von einem Tag auf den anderen wieder okay.
Sind Sie nach Ihrer Schulzeit noch einmal diskriminiert worden?
Nie wieder. Beim Sport ist das überhaupt kein Thema. Es gibt eine Menge dunkelhäutiger Athleten, die Wettkämpfe sind international. Mir hat immer gefallen, wie offen der Sport ist.