Unterscheiden sich die heutigen arbeitsrechtlichen Vorschriften sehr von denen vor vierzig Jahren?
Ja. Hinzu kommt, dass damals schon das Raumprogramm zu knapp bemessen war. Den heutigen Bestimmungen werden wir nun gar nicht mehr gerecht. Und zwar gilt das für viele Räume, nicht nur zum Beispiel für den Orchesterprobenraum, wo man damals von einem falschen Raumbedarf pro Orchestermitglied ausgegangen ist. Inzwischen ist das Orchester sogar größer geworden. Wir reden hier nicht von Luxus, sondern einem begründeten, den heutigen Standards entsprechendem Raumprogramm. Sie sehen, in welche Fallen man gehen kann, wenn man nur die gegenwärtigen Ist-Zahlen zugrunde legt oder unter dem Druck eines finanziellen Rahmens plant. Es geht um vernünftige Lösungen, um ein Theater für die nächsten fünfzig Jahre zukunftssicher zu machen.
Kann man pauschal sagen, dass je besser das Gehäuse fürs Theater ist, desto überzeugender, spannender, hochwertiger sind die Inhalte, die darin entstehende Kunst?
Unbedingt. Unter mehreren Aspekten. Wenn die Raumzuordnung vernünftig geplant ist, erleichtern sich Abläufe. Wenn zum Beispiel Werkstätten, Probenräume und Bühnen auf einer Ebene liegen, kann man Dekorationen einfach verschieben, ohne dass sie auseinandergebaut werden müssen, weil sie über mehrere Ebenen transportiert werden sollen. Das Ergebnis: glücklichere Mitarbeiter und mehr Zeit für Kunst. Je schneller wir die Bühne räumen können nach einer Vorstellung, desto mehr Zeit steht zum Leuchten, zum Probieren zur Verfügung. Wenn Probebühnen in den Maßen mit der Hauptbühne identisch sind, kann man dort länger proben, bevor die Hauptspielstätte für Endproben blockiert wird. Das heißt, Sie können dort ein Stück länger spielen.
Das hat also auch ökonomische Vorteile?
Sicher, ich habe weniger Krankenstand bei den Technikern. Außerdem kann ein Bühnenbild von weniger Mitarbeitern verschoben werden. So sind Überstunden zu vermeiden, die wir jetzt durch die verwinkelte Hinterbühne im erheblichen Maße haben, man kann Techniker an anderer Stelle sinnvoll einsetzen. Hinzu kommen Umweltaspekte: Wie nachhaltig arbeiten wir? Wie oft muss ich zwischen dem Haupthaus und dem Dekorationslager hin- und herfahren? Wie energetisch ist das Gebäude?
Und was hat der Zuschauer von der Sanierung?
Bei allem ist der wichtigste Aspekt die Zuschauerzufriedenheit. Dazu gehört ein wichtiger Punkt. Wir leben in einer immer älter werdenden Gesellschaft. Wir haben zwar viele fitte Alte, aber auch solche mit kleinen Einschränkungen. Also muss das Gebäude barrierefrei sein. Wie sieht es aus mit der Erreichbarkeit von Fahrstühlen und Toiletten? Unsere Toiletten liegen alle im Keller. Wenn Sie als gehbehinderter älterer Besucher günstige Karten oben im Rang haben, müssen Sie sich in der Pause entscheiden, ob Sie ein Glas Sekt trinken oder sich auf den Weg nach unten machen. Das ist übrigens auch sozial ungerecht.