Wie erleben Sie Hass im Alltag?
In einer Geschichte erzähle ich, wie ich einmal einen handgeschriebenen Zettel an der Windschutzscheibe hatte: „Sie parken faktisch vor einer Einfahrt, beim nächsten Mal Spiegel ab, Arschloch.“ Erst denkt man, das ist mir wurscht, was interessiert es mich. Aber dann sitzt man im Auto, und innerhalb von fünf Minuten hat man sich reingesteigert, ärgert sich und ist geneigt, diesen Hass an irgendjemanden weiterzugeben. Da fände ich schon besser, Zettel dabeizuhaben, auf denen steht: „Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Und Liebe.“ Denn wenn das mit Hass funktioniert, klappt das ja vielleicht auch andersrum.
Liebe als Schulfach – sollte das verpflichtend sein?
Es ist schon lustig, dass man in der Schule alles über Osmose lernt, aber nichts über Liebe, so ganz allgemein, zwischenmenschlich. Oft habe ich das Gefühl, viele Leute sind immer noch wie Fünfjährige, nur in einem älteren Körper. Es wäre doch schön, wenn einem jemand beibringen würde, wie man deeskalierend reagiert, sonst bleibt man ein Leben lang bei: „Ich hau dem jetzt auch mit meiner Schaufel auf den Kopf.“
Sie sind gebürtige Schwäbin. Die Liebe und die Schwaben – ist das ein lebenslanges Missverständnis?
Bei mir zu Hause war es immer schwierig herauszufinden, wo die Liebe wirklich drinsteckt. Meine Oma entschuldigt sich zum Beispiel nach einem Streit nie, sondern sagt nur: „Bist du zum Essen da?“ Wenn man dann zum Essen kommt, vier Stücke Kuchen gegessen hat, heißt das, man hat die Entschuldigung angenommen, und der Streit ist beigelegt. Aber auch Dinge wie „Du kommst immer so spät nach Hause“ oder „Jetzt trink nicht immer so viel“ – kann alles geschimpfte Liebe sein. Es hat relativ lange gedauert, bis ich das verstanden habe.
Was nervt Sie an den Schwaben am meisten?
„Net gschimpft isch globt gnug“! Mein Appell an die Schwaben: Es ist nicht schlimm, wenn man auch mal aus sich herausgeht! Es ist ja nicht so, dass das keine herzlichen Menschen wären. Aber ich glaube, sie vergeben sich sehr viel, weil sie denken: „Ich sag besser erscht mal nix, wer woiß, vielleicht bereu ich es sonst.“ Schöner wäre, wenn der Schwabe manchmal mehr ans Herz geht und nicht so viel bruddelt.