Sport: Joachim Klumpp (ump)
Wie sehen diese Momente denn aus?
Der erste ist das Verhalten bei gegnerischem Ballbesitz; der zweite, der Ballgewinn; der dritte unser Wunschmoment, der Ballbesitz; der vierte Moment, der Ballverlust, da entscheiden sich häufig die Spiele, weil dieser Augenblick mental und körperlich die größten Anforderungen stellt; und als fünfter Moment die Standards. Wir haben versucht, die Komplexität des Spiels auf die Kernbotschaften zu reduzieren.
Stimmt denn die Balance zwischen Defensive und Offensive im Kader?
Wir wollen ja Tore erzielen, können aber nicht einfach ohne die Restverteidigung – das ist ein Begriff, der bei uns heilig ist, – agieren. Das können wir uns nicht erlauben in unserer Situation. Daraus resultiert die Stabilität der gesamten Mannschaft. Da sehen wir einen unserer Korrekturansätze, wenn ich auf die Testspiele blicke, speziell in Homburg in der ersten Hälfte.
Ist das mit dem Personal zu schaffen?
Es ist unsere Aufgabe, Vorgaben zu geben, die in Spielformen immer wieder diese Restverteidigung betonen. Das ist die Schlüsselposition. Als Stratege und Tempomacher. Indem wir das Spiel auf alle verteilen, kann derjenige auf dieser Position Sicherheit ausstrahlen, das ist die Kunst.
Das wäre Enzo Marchese: ist er bei Ihnen weiter der Fixpunkt im Spiel?
Definitiv, er ist unser Kapitän. Aber mir geht es um die Qualität in seinem Handeln und Tun auf dem Platz. Die kann ein Spieler über die komplette Spieldauer nur leisten, wenn er Erholungsphasen bekommt, in denen andere Spielern die Verantwortung tragen. Wir sind in der Pflicht, Enzo zu entlasten, damit er echt sein kann. Seine Pässe sollen Augen haben und beim Mitspieler ankommen. Sein Zweikampfverhalten soll die notwendige Aggressivität besitzen. Und den Ideenreichtum von ihm sehe ich, wenn er das Spiel vor sich hat.
Haben Sie sich beim Torwart schon auf eine Nummer eins festegelegt?
Das ist ein wichtiges Thema, das ich aber bis Mittwochabend auch im Trainerteam verdrängt habe. Danach werden wir festlegen, wer der Mannschaft in der aktuellen Situation mehr Rückhalt gibt. Die Entscheidung soll von innen kommen, bis jetzt ist sie nicht gereift. Ich sage immer: ich will mich nicht zwingen, etwas zu lieben. Es geht nach Leistung, langfristig ist es mir aber am liebsten, eine klare Nummer eins zu haben. Davon profitieren alle.
Sie sind erst 36 und schon einige Zeit Trainer. Warum hat es als Spieler nicht zum großen Durchbruch gereicht?
Ich habe bis zur U 19 beim MTV Ingolstadt gespielt und habe mich bereits damals schon sehr mit den Trainingsinhalten beschäftigt. Da habe ich zum Beispiel gemerkt: wenn wir eine Stunde Bergauf-Läufe gemacht und danach elf gegen elf gespielt haben, war ich leer und kaputt und konnte den Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Ich habe den Trainer dann auch gefragt: Warum machen wir das? Oder warum trainieren wir mit der A1 und A2 mit 40 Spielern gemeinsam? Für mich ist das Identifikation mit dem eigenen Spiel. Bei einer Mannschaftsbesprechung in der Rückrunde hat der Trainer dann gesagt: Sie sind mir zu lästig, sie können ihren Pass holen und gehen. Ich bin dann in die Bezirksliga, ehe ich später als Spielertrainer begonnen habe. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: meine Meinung ist nicht in Stein gemeißelt, wenn man mich von etwas besserem überzeugt, dann probieren wir das aus.
Sie haben bei Ihrer Vorstellung erzählt, dass Sie lange Jahre bei Audi als Schlosser gearbeitet haben. Wie haben Sie das alles unter einen Hut gebracht?
Darunter hat am meisten meine Familie gelitten. Ich habe meine Energiequelle gefunden als Trainer. Ich habe in der Nachtschicht gearbeitet zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, habe auch in jeder Pause Pläne und Notizen zum Fußball gemacht, bin um halb sieben ins Bett und um neun, zehn wieder aufgestanden. Das ging nur, weil meine Frau sich um die Kinder gekümmert und mir den Rücken frei gehalten hat. So konnte ich mich verwirklichen und meinen Traum leben.