Welche Schulstandorte haben also Zukunft?
Wir haben als untere Grenze die Zahl von 16 Schülern pro Jahrgang festgelegt. Wir wollen nun allen Schulträgern klarmachen, dass sie sich bei Schulen mit sinkender Tendenz mit den umliegenden Kommunen zusammentun um in lokalen und regionalen Kontexten nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. Das kann im Verbund sein zwischen Werkrealschule und Realschule, das kann auch eine Kooperation zwischen verschiedenen Standorten einer Werkrealschule sein, aber in vielen Fällen kann auch das Modell der Gemeinschaftsschule der richtige Weg sein. Wir brauchen aber auch eine Zielvorgabe. Vor allem aus pädagogischen Gründen ergeben sich langfristig stabile Strukturen nur aus einer gewissen Größenordnung. Deshalb die Zahl 40. Allerdings erschreckt diese Zahl viele Gemeinden. Das wird schon kritisch bei Kommunen mit 10 000 Einwohnern. Wir werden hier nicht mit dem Fallbeil kommen und sagen, jede Schule unter 40 muss geschlossen werden. Sondern, die Zahl 40 ist die Größe auf die wir uns in einem Prozess zubewegen müssen, wenn die Schule Bestand haben soll. Ich halte einen Zeitraum von acht bis zehn Jahren zur Anpassung unserer Schulstruktur für einen realistischen Zeitrahmen.

Ein Stichwort ist die Erreichbarkeit der Abschlüsse. Welche Schulwege sind zumutbar?
Wenn man eine Schule mit dem öffentlichen Personennahverkehr in 30 Minuten erreichen kann, liegt sie in zumutbarer Entfernung. Im ländlichen Raum werden aber auch hier Differenzierungen notwendig sein.

Auch die Inklusion bereitet Ihnen Probleme. Stuttgart ist Modellregion. In Bad Cannstatt sollen zwei Schulen neu gebaut werden und beispielhafte Inklusion anbieten. Der Schulträger vermisst aber Landesvorgaben, der Kämmerer trägt deshalb das Vorhaben nicht mit. Was nun?
Wir wollen zum Schuljahresbeginn 2014/15 ein Gesetz haben, das klar definiert, wie Inklusion in Baden-Württemberg stattfinden soll. Es soll ein qualifiziertes Elternwahlrecht geben. Wir werden keine Radikalmaßnahmen durchführen und sonderpädagogische Einrichtungen schließen. Wir müssen es jetzt schaffen, praktische Probleme im Übergangszeitraum so zu regeln, dass die Entscheidungen schon mit Blick auf das neue Gesetz richtig sind. Schnellschüsse bringen uns da nicht weiter, weil dann Probleme übersehen werden.

Inklusion ist an Gymnasien schwierig, weil dort die Klassen überfüllt sind und Inklusionskinder nicht mitgezählt werden dürfen. In den Werkrealschulen ist zwar mehr Luft, doch dort mussten viele ambitionierte Förderprojekte eingestellt werden, weil Standorte gestrichen wurden. Das klingt nicht nach einem ausgereiften Konzept.
Inklusion darf nicht nur ein Thema der Werkrealschulen werden. Sie ist ein Thema für alle Schularten. Unser Schulsystem ist bisher jedoch nicht auf inklusive Beschulung ausgerichtet. Daher kommt auch das unglückselige Phänomen, dass Inklusionsschüler zurzeit bei der Klassenstärke nicht mitgezählt werden. Wenn man Inklusion umsetzt, gilt ein Kind mit Förderbedarf selbstverständlich als Schüler seiner Schule. Dann sind Schulen nicht einfach voll, sondern müssen neue Klassen einrichten.