Das klingt nach Kritik an der städtischen Wirtschaftsförderung.
Ich bin mit der Wirtschaftsförderin dazu bereits in Gesprächen. Beim Thema Wohnen will ich den Akzent stärker auf das genossenschaftliche Wohnen legen. Wohnungsbaugenossenschaften können langfristig sehr günstige Mieten für ihre Mitglieder anbieten. In Stuttgart werden zwar viele Eigentumswohnungen gebaut, genossenschaftlicher Wohnungsbau findet aber kaum statt. Auch das Thema sozial gespaltene Demokratie treibt mich um: Wir hatten nicht nur eine niedrige Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl, sondern auch eine sehr unterschiedliche, je nachdem, ob die Wähler in gut situierten Vierteln wohnen oder nicht. Deshalb plädiere ich unter anderem für eine Stärkung der Bezirksbeiräte.
Auch für deren Direktwahl?
Wenn ich die Gremien vor Ort stärken will, muss damit eine Direktwahl einhergehen. Andere Städte wie Mannheim oder Heidelberg sind bei der Bürgerbeteiligung weiter als Stuttgart. Bezirksbeiräte können politische Teilhabe und Bürgerbeteiligung in den Stadtbezirken nach meiner Überzeugung am besten organisieren. Je mehr die Bezirksbeiräte zu sagen haben, desto größer ist die Chance, qualifizierte und verantwortungsbewusste Bürger für dieses Amt zu gewinnen.
Bei der Aufzählung Ihrer Schwerpunkte haben Sie Stuttgart 21 nicht genannt. Unter Ihrer Vorgängerin Roswitha Blind galt die SPD als treuester Erfüllungsgehilfe der Deutschen Bahn, hat zuletzt sogar die CDU in Sachen Kritiklosigkeit hinter sich gelassen. Werden Sie diesen Kurs fortsetzen?
Die SPD-Fraktion ist nicht der treueste Erfüllungsgehilfe der Bahn. Die Bahn ist ein schwieriger Partner für die Stadt – die Kooperation bei Stuttgart 21 ist nicht einfach. Das hätte allerdings auch bei einer Realisierung von K 21 gegolten. Für uns ist es wichtig, dass wir möglichst schnell die Gleisflächen hinter dem Bahnhof freibekommen, um dort unser größtes Problem, nämlich fehlenden Wohnraum, anzugehen. Deswegen müssen wir mit der Bahn klarkommen, um die Chancen des Projekts möglichst bald zu nutzen. Bei den Risiken, die das Projekt auch hat, ist der Partner Bahn manchmal ein Risiko. Da werden wir uns im Interesse der Bürger durchaus einbringen.
Wie ist Ihr Verhältnis zu OB Fritz Kuhn?
Ich komme mit ihm gut klar und stimme mit seinen inhaltlichen Konzepten weitgehend überein. Ich sehe aber ein Defizit bei der Umsetzung – etwa beim Thema Wohnen. Da dauert mir vieles zu lange. In der Kommunalpolitik ist es anders als in Berlin: Dort geht es häufig um abstraktere Themen, in der Kommunalpolitik wird es schnell konkret. Da muss man die Verwaltung entsprechend ausrichten.
Welche Rolle messen Sie denn der SPD im ökosozialen Lager angesichts der gewachsenen Konkurrenz von links zu?
Kommunalpolitik orientiert sich stark an der Sache. Da muss man sich entsprechende Mehrheiten suchen. Wir wollen weiterhin an einer gestalterischen Mehrheit mitwirken. Was die Konkurrenz durch die linke Fraktionsgemeinschaft angeht, müssen wir abwarten, wie geschlossen sie auftritt. Natürlich ist es auch ein Problem der Stuttgarter SPD, dass links von ihr rund 15 Prozent Wählerstimmen abgegeben wurden. Aber wir brauchen uns gerade im Sozialbereich nicht zu verstecken. Anders als die Linken erreichen wir konkrete soziale Fortschritte und gefallen uns nicht in revolutionärer Rhetorik.