Warum haben die EU-Staaten die Flüchtlingspolitik lange Zeit selbst geregelt und nicht einheitlich durch die EU?
Das Asyl- und Ausländerrecht ist nach wie vor stark in Händen der einzelnen EU-Staaten. Es gibt zwar Bemühungen in Richtung eines gemeinsamen, effektiven europäischen Asylsystems, dennoch gibt es zwischen den einzelnen Ländern weiterhin große Unterschiede – etwa bei der Beurteilung der Sicherheitslage in Herkunftsstaaten oder bei den Anerkennungsstandards.

Jüngst haben sich die EU-Institutionen auf Details einer gemeinsamen Asylpolitik geeinigt. Wie bewerten Sie den Kompromiss?
Die Neufassung der entsprechenden EU-Richtlinien kann in einigen EU-Staaten zu Verbesserungen führen, einige Punkte bereiten uns aber auch Sorgen. Letzten Endes wird es entscheidend sein, wie die neuen rechtlichen Bestimmungen in der Praxis umgesetzt werden. Wir haben wohl noch eine schwierige Wegstrecke vor uns, ehe man auch in der Realität von einem gemeinsamen europäischen Asylsystem auf hohem Schutzniveau sprechen kann.

Die Krise in Syrien hat bereits vor zwei Jahren begonnen. Warum wird Syrern erst jetzt Schutz bei uns in Deutschland gewährt?
Zu Beginn der Krise glaubten viele syrische Flüchtlinge an eine rasche Rückkehr in ihre alte Heimat. Sie gingen von einem kurzen Aufenthalt in den Camps der Nachbarländer aus. Doch inzwischen zeichnet sich ab, dass ein Ende des Konflikts nicht absehbar ist, folglich schwindet auch die Hoffnung auf eine Rückkehr. Die Lage hat sich inzwischen sogar dramatisch verschlimmert. Pro Tag verlassen derzeit etwa 8000 Syrer das Land. In dieser Situation stoßen die Nachbarstaaten mit ihren Kapazitäten zur Aufnahme von Flüchtlingen an ihre Grenzen.