Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)
In der Öffentlichkeit bewegt sich die evangelische Kirche momentan meist im Windschatten der katholischen. Alles spricht vom Limburger Bischof. Ein Vorteil für Sie?
Wir leiden mit, wenn das Bistum Limburg in einer Zerreißprobe steckt. Ich wünsche, dass die katholische Kirche rasch die Fragen klären kann, die dort aufgeworfen sind. Auch bei uns gibt es übrigens vermehrt Austritte wegen dieses Falls.
Resultiert die Aufregung auch aus einer wachsenden Kirchenfeindschaft?
Die Selbstverständlichkeit, mit der Kirche früher als Mitte der Gesellschaft gesehen wurde, hat abgenommen. Nur so konnte der Fall Limburg dazu genutzt werden, eine völlig andere Debatte zu führen, nämlich die nach der Finanzierung der Kirchen.
Sie haben beklagt, die Debatte sei nicht fair gewesen. Inwiefern?
Vieles wurde miteinander vermengt – etwa die Kirchensteuer, unsere Mitgliedsbeiträge mit den Staatsleistungen. Von den Staatsleistungen hieß es dann auch noch, die Kirche solle schlicht auf sie verzichten. Dabei geht völlig verloren, dass die Staatsleistungen ein jährlicher Ausgleich für entgangene Vermögenserträge sind. Die Kirchen sind einmal enteignet worden. Wenn jetzt diese Staatsleistungen einfach gestrichen würden, würden die Kirchen ein zweites Mal enteignet.
Der Papst, den Sie gelobt haben, fordert aber eine arme Kirche.
Ich würde schon gerne von Papst Franziskus wissen, wie er das genau meint und wie er dies unter den Bedingungen des Vatikans konkret realisiert. Gegenüber dem Leitbild von der armen Kirche bin ich jedenfalls zurückhaltend. Erst wenn der Besitz uns die innere Freiheit nimmt, der Welt das Zeugnis zu geben, das sie braucht, dann steht die Frage an. Das ist unter den augenblicklichen Bedingungen hierzulande aber nicht der Fall. Wir horten keine Schätze, sondern wir setzen das uns anvertraute Geld ein: für die Verkündigung, für die Bildung, für die Diakonie, für die weltweite Ökumene. Wir sollten allerdings unsere Mittel immer so einsetzen, dass es den Armen, den Schwachen in der Gesellschaft letztlich nützt. Wir müssen als Kirche aber nicht verarmen, um an der Seite der Armen zu stehen.