Familienministerin Schwesig wirbt auf dem SPD-Parteitag für Angebote an alle Familien – egal, welches Lebensmodell sie wählen. Für die SPD erhebt sie Anspruch aufs Kanzleramt. Sie lässt aber offen, wer dort am Zaun rütteln soll.

Berlin – In unsicheren Zeiten setzt die Familienministerin darauf, als Garant von Stabilität wahrgenommen zu werden. Keiner soll sich zu kurz gekommen fühlen.

 
Frau Schwesig, die SPD hat in der Regierung viel umgesetzt. Aber für Erreichtes wird man nicht gewählt. Was versprechen Sie auf dem Parteitag für die Zeit nach dieser Koalition?
Die SPD macht Angebote, wie wir in unruhigen Zeiten eine gute und gerechte Zukunft sichern. Und zwar außen- und sicherheitspolitisch, in der Flüchtlingspolitik und auch in sozialen Fragen. Gute Arbeit, gerechte Löhne für Frauen und Männer, eine moderne Familienpolitik: Das sind Zukunftsthemen, die jeden etwas angehen. Als Familienministerin will ich allen Familien Chancen und finanzielle Spielräume verschaffen, egal ob alleinerziehend, Paare mit oder ohne Trauschein, Regenbogen- oder Patchworkfamilie. Wir nehmen alle Familienmodelle ernst.
Was bieten Sie denen an?
Einen Mix aus besserer Infrastruktur, finanzieller Unterstützung und mehr Zeit für die Familie. Wir müssen die Bildungsinfrastruktur weiter ausbauen und die Qualität verbessern. Viele Eltern stehen vor dem Problem, dass sie zwar einen Kita-Platz bekommen, aber wenn das Kind eingeschult wird, heißt es auf einmal: um eins ist Schluss. Vor allem Mütter sehen sich dann oft dazu gezwungen, ihre Arbeitszeit wieder zu reduzieren. Deshalb will die SPD einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung auch in der Schule schrittweise durchsetzen. Wir wollen Familien mit Kindern auch finanziell breiter fördern. Das Steuerrecht behandelt viele Familien ungerecht. Unverheiratete Paare mit Kindern profitieren nicht, verheiratete Paare ohne Kinder hingegen stark. Wir wollen, dass alle Familien mit Kindern profitieren. Und Familien sollen mehr Zeit füreinander haben. Väter arbeiten heute oft Vollzeit plus Überstunden, viele Mütter arbeiten Teilzeit, obwohl sie mehr arbeiten wollen. Unsere Familienarbeitszeit soll ermöglichen, das anzunähern und damit partnerschaftlich mehr Zeit für Familie schaffen.
Ist das der Weg, die SPD wieder als Alternative zu Merkel kenntlich zu machen?
Wir kümmern uns mit Hochdruck um die Integration der Flüchtlinge. Das spielt auch auf unserem Parteitag eine große Rolle. Aber wir wollen auch Antworten auf die Alltagsfragen der arbeitenden Bevölkerung liefern, die Kinder erziehen, Pflege der Eltern organisieren müssen und nebenbei auch noch ein klein wenig Zeit für sich haben wollen. Wir tun das, die Union nicht.
Woran hakt es in der Flüchtlingskrise?
Es ist viel zu spät damit begonnen worden, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge so aufzustellen, dass es die Arbeit bewältigen kann. Diese Kritik muss sich der Bundesinnenminister gefallen lassen. Der neue Amtschef Frank-Jürgen Weise kann die Versäumnisse nicht in drei Tagen aus der Welt räumen. Was auf uns zukommt, ist die viel größere Herausforderung der Integration. Wir brauchen mehr Sprachkurse, müssen Kita- und Schulplätze bereitstellen. Und wir dürfen niemandem, der schon hier wohnt, das Gefühl vermitteln, dabei zu kurz zu kommen. Deshalb hat die SPD mit ihren Bundesministerinnen und der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer einen Zukunftspakt für Integration vorgelegt. Auch hier ist die Union ohne Ideen und Konzept. Der Satz „Wir schaffen das“ der Kanzlerin darf nicht zur Durchhalteparole werden, wir müssen auch konkret sagen wie.