Warum halten Sie eigentlich nichts von den neuen großen Einkaufszentren, die jetzt eröffnet werden?
Das wird ein verkehrliches Desaster und eines für den kleineren Einzelhandel in der Innenstadt. Und es wird in die Stadtbezirke ausstrahlen. Was man wortreich beklagt, nämlich, dass die Nahversorgung in den Stadtteilen verschwindet, wird durch diese massive Konzentration von Shopping Malls beschleunigt. Ich wundere mich jetzt nur, dass nun alle so tun, als hätte niemand eine politische Entscheidung dafür gefällt.
Es werden aber Arbeitsplätze geschaffen, auch für einfache Tätigkeiten. Das müssten Sie eigentlich gut finden.
Ja, wenn die Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen würden. Tatsächlich ist das aber ein Nullsummenspiel, weil kleinere Geschäfte von der Bildfläche verschwinden. Abgesehen davon sind solche Großunternehmen wie jene, die im Gerber und Milaneo angesiedelt sind, Weltmeister darin, sich so zu organisieren, dass sie vorwiegend prekäre Arbeitsverhältnisse anbieten.
Das Thema Mobilität ist auch für die Linken interessant, immerhin trifft die Feinstaubbelastung vornehmlich die ärmere Bevölkerung, weil sie vornehmlich an stark belasteten Straßen wohnt. Ihre Forderung, den Individualverkehr unattraktiver zu machen, ist aber umstritten, weil am Auto viele Arbeitsplätze hängen.
Der innerstädtische Verkehr lässt sich nicht verringern, wenn man nicht den öffentlichen Transport attraktiver macht. Das Auto darf nicht mehr mit der größten Selbstverständlichkeit vor allen anderen Vorfahrt haben. Es ist nicht zu übersehen, dass es unglaublich viel Transit- und Pendlerverkehr gibt. Deshalb wäre es sinnvoll, zum Beispiel über eine Citymaut zur Finanzierung des fahrscheinlosen ÖPNV nachzudenken.
Eine Citymaut wäre aber unsozial, weil sie nur bezahlt, dem die Kosten nicht weh tun?
Das wäre doch eine geschickte Umverteilung von oben nach unten, so dass begüterte Autofahrer einen kostenlosen Nahverkehr mitfinanzieren müssen.
Welche Impulse wollen sie in dieser Legislaturperiode denn noch geben?
Wir fordern eine bessere Bezahlung bei Pflege und Erziehung. Anders ist die Lücke an Erzieherinnen nicht zu schließen. Wichtig ist uns auch das kostenlose Schulessen. Es schafft die Voraussetzung, dass alle Kinder, egal welcher Herkunft in sozialer Hinsicht, die Chance haben, zu lernen. Mit leerem Magen lernt es sich schlecht.
Sie nennen sich nun SÖS/Linke PluS, um den durch Piraten und Studentische Liste erweiterten Gemischtwarenladen zu beschreiben. Wo sind die Schnittmengen?
Die Zusammenarbeit von SÖS/Linke hat eine solide Basis von gemeinsamen Positionen. Insofern war für mich klar, dass wir zusammen bleiben. Die neuen Kollegen fällten ihre Entscheidung, zu uns zu kommen, auf Basis unseres politischen Profils. Ich bin sicher, dass wir die offene Diskussionskultur zur Entwicklung guter Lösungen weiterführen können. Auch in der Vergangenheit gab es Situationen, in denen nicht alle gleich abgestimmt haben. Wir haben keinen Fraktionszwang, brauchen ihn auch nicht. Die neue Buntheit müssen wir nicht erfinden, wir waren das schon vorher.
SÖS/Linke hat die LBBW immer kritisiert, Hannes Rockenbauch hat die alten Bankvorstände sogar als kriminielle Vereinigung bezeichnet, sitzt jetzt aber im Aufsichtsrat der BW-Bank. Beginnt damit die Zerschlagung von innen?
Wir sind nicht angetreten, um die LBBW zu zerschlagen, sondern den Scheinwerfer auf deren Politik zu richten. Wir sehen nicht, dass das eine Bank ist, wie sie die Stadt braucht. Als städtische Beteiligung wäre eine Stadtsparkasse angemessen. Dass Rockenbauch jetzt Mitglied des Aufsichtsrats ist, ist für die Öffentlichkeit nützlich, weil damit mehr Transparenz als bisher geschaffen werden kann.