Breuninger-Chef Willem van Agtmael verkündet die Zäsur: Er scheidet aus. Mit dem familienfremden Manager Willy Oergel sorgt der Handelskonzern für Kontinuität.

Stuttgart - Breuninger-Chef Willem van Agtmael, der im September 65 Jahre alt wird, gibt die Führung ab. Das kündigt er im StZ-Interview an. Künftig sind Management und Eigentümerfunktion bei dem Handelskonzern getrennt; die Familien konzentrieren sich auf den Beirat. Van Agtmael erläutert den Umbau.

 


Herr van Agtmael, die Menschen in Deutschland haben den Konsum wiederentdeckt, weil die Wirtschaft gut läuft und das Sparen angesichts minimaler Zinsen unattraktiv ist. Spürt Breuninger diesen Aufschwung?
Diesen Aufschwung haben wir schon seit vielen Jahren. Schon 2002/2003 haben wir erkannt, dass das mittlere Segment, in dem wir zum Teil drin waren, total unter Druck geraten würde. Das wäre wie beim Hamburger gewesen; da wird man rausgedrückt. Unsere Stärke liegt im gehobeneren Teil, was etwas anderes ist als das Luxussegment. Die Folge war, dass wir Abteilungen, die sehr gut gingen, aus dem Sortiment genommen haben, zum Beispiel Damenspezialgrößen. Das hat einfach nicht zum Konzept eines Fashion-Lifestyle-Unternehmens gepasst. Wir sind nach oben gegangen, und das war die richtige Entscheidung. Andere, nicht ganz unbekannte Konzerne haben diese Entscheidung damals nicht getroffen und die Quittung bekommen.

Aber ohne konjunkturellen Rückenwind geht es nicht.
Natürlich, aber die Positionierung war wichtiger, denn das hat uns die richtigen Kunden gebracht. Darauf haben wir auch unser Vertriebsnetz ausgerichtet, kleine Häuser rausgenommen und auf größere gesetzt. Wir haben zum Beispiel in einem schwierigen Markt Leipzig aufgemacht, Karlsruhe verändert, Freiburg vergrößert und erneuert. Schon seit einigen Jahren liegen wir besser als der Markttrend.

Wie schlägt sich das in Zahlen nieder?
Wenn ich die ersten vier Monate zusammennehme, dann liegen wir bei knapp sieben Prozent Wachstum. Schon die Zahlen des vorigen Jahres waren mit einem Plus von sechs Prozent sehr gut; da haben wir netto 510 Millionen Euro Umsatz gemacht.

Wie hat sich die Ertragslage entwickelt?
Sie hat sich proportional entwickelt. Wir brauchen den Gewinn, um unser umfangreiches Investitionsprogramm bewältigen zu können. Gegenwärtig bauen wir in Düsseldorf, wo mit 15 000 Quadratmetern unser zweitgrößtes Haus entsteht. Und in Stuttgart haben wir für das Projekt „Da Vinci“ beziehungsweise „Dorotheen-Quartier“ schon einen zweistelligen Millionenbetrag ausgegeben.

Ist die bundesweite Expansion mit dem Vorhaben in Düsseldorf beendet?
Aber nein, schauen Sie nur auf die Landkarte. Da fehlen uns unter anderem München, Frankfurt und Hamburg. Wir suchen da unverändert weiter.

Beim Dorotheen-Quartier will Breuninger ja keine eigenen Flächen belegen. Schielen Sie auf das S-21-Areal, nachdem ja nun klar ist, dass das Vorhaben verwirklicht wird?
Gute Frage, was denken Sie? Sollen wir das machen?

Die Grundfrage ist ja, wie Sie mit der Abriegelung am Bahnhof umgehen, wo ganz Ludwigsburg und Esslingen abgefangen und daran gehindert wird, Richtung Innenstadt zu Breuninger zu laufen.
Richtig, und deshalb müssen wir uns in den nächsten Monaten mit der Frage eines Investments beschäftigen, unabhängig davon, ob wir ein Handelszentrum auf dem Areal jetzt für richtig oder falsch halten.

Im Herbst 2010 haben Sie uns im Interview gesagt, dass die nachfolgende Generation bei Breuninger gerade auf ihre künftigen Aufgaben vorbereitet werde. Für den Zeitpunkt Ihres Abschieds gebe es aber noch keine konkreten Pläne. Nun werden Sie im September 65 Jahre alt. Wie geht es weiter?
Ich bin 1973 zu Breuninger gekommen. Als Heinz Breuninger 1980 starb und ich sein Nachfolger war, habe ich in jenem Jahr die Verträge für die Zukunft gemacht. Ich habe damals einen Vertrag auf den September 2012 hin gemacht, weil ich gesagt habe, mit 65 Jahren möchte ich mich anderen Dingen widmen. So sieht mein Vertrag aus, und ich werde den Vertrag erfüllen.