Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Das gilt auch für den Zeitplan, wovon zuletzt zwei kursierten. In einem Papier wird das Ende der Neubaustrecke auf Ende 2021 terminiert, im Lenkungskreis hat die Bahn 2020 genannt. Hat sich der Verkehrsminister diesen Widerspruch erklären lassen?
Ich habe Volker Kefer in dieser Sache sofort einen Brief geschrieben. Er sagt, dass es sich dabei nur um Zwischenstände und Berechnungen gehandelt hat. Klar ist aber, dass es bei beiden Großprojekten viele Punkte gibt, die das geplante Ende infrage stellen, von der komplexen Finanzierung angefangen über viele technische Fragen. Ich kenne kein großes Infrastrukturprojekt der letzten 20 Jahre, das planmäßig in Betrieb gegangen ist. Der Anspruch muss aber sein, mit Stuttgart 21 und der Neubaustrecke zumindest zeitgleich fertig zu werden. Alles andere wäre ein Schildbürgerstreich.

Also 2025, wie der einstige Oppositionspolitiker Winfried Hermann behauptet hat?
Ich habe in der Vergangenheit Prognosen abgegeben, die aus meiner Sicht realistisch waren. Alle Beteiligten haben ein Interesse, weitere Verzögerungen zu vermeiden. Es spricht aber einiges dafür, dass es sehr ambitioniert ist, 2020 fertig zu sein.

Die Neubaustrecke kostet den Bund von 2018 bis zur Fertigstellung mehr als einen Jahresetat, den das Bundesverkehrsministerium für den Bau von Schienenstrecken zur Verfügung hat. Ist das zu verantworten?
Diese hohe Bindung von Mitteln war eines meiner Argumente gegen das Projekt. Der Bund hat sich aber verpflichtet, seine Anteile in diesen immens hohen Tranchen zu bezahlen. Auch das Land hat sich verpflichtet zu zahlen. Leider hat die damalige Regierung aber einen Vertrag abgeschlossen, der nicht einmal garantiert, dass das Projekt zum vereinbarten Zeitpunkt fertig gestellt wird. Bisher sind erst ein paar Millionen verbaut worden, aber nicht die Summen, die wir in einem Sonderfonds bereithalten. Bei Verzögerungen haben wir keine Handhabe. Gegenüber den Planungen sind wir bereits erheblich im Verzug. Das dadurch im Sonderfonds angesammelte Geld könnte man vorübergehend gut für andere Verkehrszwecke einsetzen.

Zum Beispiel?
Das Land hat echte Probleme bei der Finanzierung von Schienen-Personennahverkehr. Alleine bei den Bestellmitteln steht in diesem Jahr ein Defizit von 20 Millionen Euro, nächstes Jahr könnten es sogar 60 Millionen Euro werden. Und das liegt eben auch an den hohen Investitionen für Stuttgart 21 aus Nahverkehrsmitteln. Wenn das Projekt anders finanziert werden würde, wofür ich werbe, könnten wir die Probleme in diesem Bereich erheblich reduzieren. Der Polizeieinsatz zur Räumung des Schlossgartens im Februar ist auch aus Zinsgewinnen aus diesem Sonderfonds finanziert worden, warum nicht auch S 21? Wenn wir hier keine Entlastung erreichen, brauchen wir zusätzliches Geld, damit wir keine Züge abbestellen müssen.

Die Bahn bestreitet aber, dass Stuttgart 21 andere Projekte kannibalisiere.
Es ist schlicht ein Fakt, dass die Regionalisierungsmittel begrenzt sind. Wenn ich aus diesem Topf etwas für S 21 nehme, geht es zwangsläufig zu Lasten der Bestellung von Nahverkehr. Die knapp zwei Milliarden Euro, die das Land aus Eigenmitteln in Stuttgart 21 und die Neubaustrecke steckt, können wir nicht in andere Projekte investieren. Das Gleiche gilt für den Bund, der in Baden-Württemberg zusätzlich noch den Ausbau der Rheintalstrecke finanzieren muss. In den nächsten zehn Jahren soll ein großer Teil der Investitionsmittel des Bundes für die Schiene in Baden-Württemberg landen. Mein Job als Verkehrsminister ist, dafür zu sorgen, dass dieses Kapital gut investiert wird.