Was ist der entscheidende Knackpunkt?
Lesen Sie Peer Steinbrücks Buch „Unterm Strich“. Darin vertritt er genau das Gegenteil von dem, was er heute als Kanzlerkandidat sagt. Die ganze Ideologie, den Leuten erst Geld wegzunehmen, um es dann über den Staat neu zu verteilen – das widerspricht diametral dem, wofür Peer Steinbrück vorher stand. Und auch diametral den Positionen der FDP.

Machen Ihnen die letzten vier Jahre schwarz-gelber Koalition wirklich Lust auf mehr? Es waren Jahre mit viel Stillstand und ständigem Streit.
Es gibt keine Nation in Europa, die so gut durch die Eurokrise gekommen ist wie Deutschland. Offensichtlich haben wir vieles richtig gemacht. Wir haben die Bürger und die Wirtschaft um insgesamt 23 Milliarden Euro entlastet, gleichzeitig zwölf Milliarden Euro mehr für Bildung ausgegeben als die Vorgängerregierung. Und wir haben die Neuverschuldung deutlich nach unten verschoben. Keine so schlechte Bilanz.

Und was spricht dafür, dass sich das Klima unter den Koalitionären verbessert?
Die CDU hat den großen Erfolg der FDP in der Wahl 2009 lange nicht verkraften können. Das wird nach der nächsten Wahl einfacher sein. Die FDP wird etwas schrumpfen, aber es wird wieder für Schwarz-Gelb reichen. Und die beteiligten Personen haben sich inzwischen auf einer vernünftigen Arbeitsebene gefunden.

Die Union geht mit teuren Wahlversprechen ins Rennen: mehr Geld für Bildung, für Verkehr, für ältere Mütter. Haben diese Projekte mit der FDP eine Chance?
Natürlich tragen jetzt alle Parteien erst mal vor, was sie wollen. Auch ich bin der Meinung, dass etwa die Mütterrente anders organisiert werden sollte. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit gegenüber der Generation, die zum Aufbau dieses Land beigetragen hat. Aber es wird nur gemacht, was finanzierbar ist. Wir sollten eine Prioritätenliste aufstellen: was kommt als erstes, was als zweites – jeweils dann, wenn das Geld dafür da ist. Priorität hat für mich die Bildung. Ich frage mich beispielsweise, warum wir in deutschen Schulen nicht jedem Schüler einen Laptop zur Verfügung stellen – so wie in manchen asiatischen Ländern. Damit nicht die Kinder aus ärmeren Familien auch noch an dieser Stelle abgehängt werden.

Könnten Koalitionsgespräche am Thema Datenschutz scheitern, bei dem Union und FDP offenkundig keinen Konsens finden?
Im Moment erlebe ich eine CDU, die sich als lernfähig erweist. Auch sie will nun die anlasslose, zweijährige Speicherung von Telekommunikationsdaten nicht mehr.

Wären die Grünen und die SPD beim Datenschutz bessere Partner?
Verbal ja, faktisch nein. Nehmen Sie diese wunderbare grün-rote Regierung in Baden-Württemberg. Sie hat noch kurz vor der Abhöraffäre, die von Edward Snowden ausgelöst wurde, über den Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, endlich die Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Wie komisch ist das denn? Und jetzt laufen sie rum und tönen, Angela Merkel solle den Amerikanern mal so richtig Bescheid sagen.

Wie würden Sie denn mit den USA umgehen?
Da wir schlecht die Bundeswehr nach Washington schicken können, gibt es nur eine Chance: Die Europäische Kommission muss mit den Amerikanern verhandeln und eine Abmachung schließen, welche Daten sie in Europa erheben dürfen. Dieses Abkommen muss kontrolliert werden – genauso wie bei Rüstungsabkommen – durch wechselseitige Inspektionen.