Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)
Wie schwer fällt es Ihnen persönlich, auf Koalitionskurs zu schalten?
Ich war vier Jahre Minister in Niedersachsen und sieben Jahre Bundesumweltminister. Ich weiß ob der Vorteile des Regierens, wenn man gestalten will. Ich weiß aber auch, dass es in einer Koalition nicht nur um Projekte geht, die man durchsetzen und in Ressorts umsetzen kann. Es geht auch darum, dass eine solche Regierung ein stabiles Bündnis über vier Jahre versprechen muss – begründet versprechen muss. Das ist die Messlatte, mit der wir an die Sondierungen herangehen. Und deshalb ist ein Erfolg der Sondierungen offen.
Wo müssen die Grünen Kröten schlucken?
Die Grünen schlucken keine Kröten, sie tragen sie über die Straße.
Sie bei Sondierungen am Tisch rumzureichen, wird kaum reichen?
Selbst in einer absoluten Mehrheit muss man Kompromisse machen. Man macht sie, um seine Ziele umzusetzen. Kann man sie nicht umsetzen, ist es kein Kompromiss. Dann steht man vom Tisch auf.
Als die Grünen nach dem Stoiber-Wahlkampf 2005 erstmals mit den Schwarzen sondierten, sprach Claudia Roth von kulturellen Differenzen. Wer ist den Grünen heute fremder: die CSU oder die FDP?
Die Liberalen waren vier Jahre nicht im Parlament, deshalb gibt es weniger persönliche Kontakte als zu den Christsozialen. Die Volkspartei CSU ist - mit einer Bandbreite von Nationalkonservativen bis zu wirklichen Christsozialen – breiter aufgestellt als die nach rechts gerückte FDP. Diese hat in der Europapolitik faktisch das Programm des ehemaligen AfD-Gründers Bernd Lucke übernommen. Die Differenzen der FDP zu den Grünen sind heute mit Christian Lindner größer als zu Zeiten von Guido Westerwelle. Er war wie Hans-Dietrich-Genscher ein überzeugter Europäer. Das ist die heutige eher national-liberale FDP nicht.
Bei welchen Themen sehen Sie interessante Schnittmengen mit Union und Liberalen?
Wir sondieren ja, um das zu entdecken.
Als prominenter linker Grüner sehen manche Sie persönlich auch als Risiko für Jamaika – nur eine gemeine Unterstellung?
Wir führen die Gespräche als Grüne, nicht als linke Grüne oder rechte Grüne.
Eine Voraussetzung für Jamaika ist, dass Sie und Winfried Kretschmann als prominente Flügel-Exponenten sich einigen. Müssen Sie da noch bilateral sondieren?
Ich muss Sie enttäuschen, das Verhältnis zwischen Winfried Kretschmann und mir ist nicht so schlecht, wie manche glauben. Wir können jederzeit miteinander reden.