Hätten Sie kein mulmiges Gefühl, wenn Sie derzeit aus einem afrikanischen Land zurückfliegen und Ihr Sitznachbar niest?
Wenn Blut dabei ist, schon. Das würde mir aber auf jedem Rückflug so gehen, egal aus welchem Land und egal, welche Nationalität mein Sitznachbar hat. Wenn es ein Ebola-Fall wäre, dann wäre es auch eine echte Gefährdung. Man kann es aber nicht oft genug sagen: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es ein Infizierter zu einem Flughafen mit interkontinentalen Flügen schafft.
Dennoch: wie kann man sich anstecken?
Die Ansteckung erfolgt nicht wie bei der Grippe, nicht über die Luft. Ebola wird durch den Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten wie Schweiß, Urin und Speichel übertragen. Wenn ein Ebola-Kranker niest oder sich übergibt, kann er sein Umfeld im Radius von einem Meter anstecken. Erkrankte sind höchst infektiös.
Wie kann man die Epidemie aufhalten?
Wir brauchen mehr Isolierstationen in den Epidemie-Zentren. Mehr Krankeschwestern, mehr Laborärzte. Darauf sollten wir uns fokussieren und nicht nur auf die experimentellen Medikamente und Impfstoffe. Die werden den Ausbruch nicht beenden in den nächsten Wochen. Wichtig ist außerdem, Vertrauen in der Bevölkerung zu gewinnen für unser Vorgehen. Die Patienten müssen in die Isolierstationen und die Kontaktpersonen müssen ausfindig gemacht werden. Es bringt wenig, unter den aktuellen Bedingungen vor Ort experimentelle Medikamente oder Impfstoffe zu evaluieren, die vielleicht Nebenwirkungen haben und das Misstrauen in der afrikanischen Bevölkerung befeuern. Dann werden die Ebola-Kranken wieder aus den Isolierstationen verschleppt. Die Folgen sind dramatisch.
Was denken Sie: wann ist die Katastrophe gebannt ?
Das wird uns auf jeden Fall noch länger als sechs Monate begleiten. Entscheidend kommt es nun darauf an, dass das Virus nicht in andere Regionen Afrikas gelangt. Wenn das Virus zum Beispiel in Mali, der Elfenbeinküste oder im Senegal zirkulieren sollte, wird es dramatisch.
Warum ist Ebola überhaupt so ein Riesenproblem? Das Virus ist doch nicht neu.
Ja, das stimmt, aber früher lebten die betroffenen Menschen eher in Isolation und die Epidemien waren überschaubarer. Heute können wir innerhalb weniger Stunden von einem Land in ein anderes reisen. So kommen Krankheiten auch in die Hauptstädte.
Sollte man Afrika-Reisen nun aufschieben?
Der Kontinent ist groß. Sinnvoll ist es sicherlich, die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes im Blick zu haben. Wer jetzt in den Krüger-Nationalpark nach Südafrika reist, muss sich wegen Ebola keine Sorgen machen. Das muss aber auch jeder für sich entscheiden. Kein Experte kann derzeit sicher sagen, wie sich die Situation entwickeln wird.