Meßstetten und die Menschen dort zeigten sich aufgeschlossen. Deshalb wird die Landesregierung in der dort von der Bundeswehr geräumten Kaserne eine Aufnahmestelle für Flüchtlinge einrichten. Im Land soll es aber noch weitere geben.

Stuttgart - - Die zweite Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge im Land wird noch im Herbst in Meßstetten (Zollernalbkreis) eingerichtet Zwei oder drei weitere Stellen dieser Art werden folgen, erklärt Professor Wolf-Dietrich Hammann, Ministerialdirektor im Integrationsministerium.
Herr Hammann, wird die zweite Landeserstaufnahmestelle in Meßstetten eingerichtet?
Die Entscheidung ist für Meßstetten gefallen. Wir können gar nicht anders, wir brauchen diese Einrichtung. Demnächst werden wir eine entsprechende Rechtsverordnung dem Kabinett vorlegen.
Gab es denn keine Alternativen?
Wir haben in den letzten Wochen insbesondere eine ganze Reihe von Kasernen angeschaut. Dazu wurde mit dem Bund geklärt, wie der jeweilige bauliche Zustand ist und wann manche Kasernen frei werden. Vor allem Kasernen der Alliierten sind aus einem simplen Grund recht ungeeignet: Sie sind für viele Tausend Soldaten sehr zentral angelegt, was Heizung, Strom und Gas betrifft. Das heißt, man muss alle Gebäude heizen, auch wenn man nur einige von ihnen nutzt. Wenn wir nur einige Mannschaftsgebäude für die Flüchtlinge benötigen, dann ist es völlig unwirtschaftlich, eine ganze Kaserne in Betrieb zu nehmen.
Ist diese Suche mit der Entscheidung für Meßstetten abgeschlossen?
Nein, überhaupt nicht. Aufgrund der steigenden Flüchtlingszahlen wird Meßstetten – neben Karlsruhe – nicht der einzige Ort für die Erstaufnahme von Flüchtlingen bleiben. Das Land wird andere Kasernen ertüchtigen und wohl auch neue Gebäude bauen müssen. Nur geht das nicht so schnell. Aber wir brauchen mittelfristig 4000 Plätze. In Meßstetten werden wir 500 Flüchtlinge und im äußersten Notfall bis 1000 unterbringen.
Wann kommen die ersten Flüchtlinge?
Vor dem Winter, und der beginnt dort oben auf der Schwäbischen Alb früh. Deswegen haben wir es so eilig. Und Meßstetten ist die erste Wahl, weil die Kaserne bezugsfertig ist. Wir finden hier optimale Bedingungen vor, auch weil die Soldaten erst vor Kurzem abgezogen sind. Die Heizung ist noch an, das Wasser läuft klar aus den Leitungen, die Klosetts funktionieren. Der große Speisesaal wie auch die Krankenstation sind vor Kurzem renoviert worden.
Wie geht es jetzt weiter?
Das Land wird mit Kreis und Stadt die ganzen operativen Fragen klären. Ich nenne einige Beispiele: Müssen wir baulich etwas verändern? Wo bauen wir den Kindergarten hin? Wo errichten wir die Spielgeräte für die Kinder? Müssen wir die Krankenstation ertüchtigen, wo das Röntgengerät aufstellen, so etwas gab es bisher in Meßstetten nicht. Auch sind alle Küchengeräte bereits ausgebaut worden. Somit stellt sich die Frage, ob wir dort kochen und die Geräte leasen oder die Mahlzeiten eines Caterers aufwärmen. Diese Fragen wollen wir in der nächsten Woche lösen.
Bei der Bürgerversammlung gab es grundsätzlich Zustimmung für das Projekt, es wurden aber auch Sorgen geäußert.
Diese Zustimmung hat mich überrascht, wir sind darüber sehr glücklich. Im Vorfeld hatten auch wir eher die kritischen Stimmen vernommen. Die Sorgen zur Sicherheit, Auswirkungen auf die ärztliche Versorgung der Meßstettener Bevölkerung oder viele befürchtete zusätzliche Einsätze des Roten Kreuzes haben wir aufgenommen. Auch deswegen waren Ministerin Bilkay Öney und Grit Puchan, Vizepräsidentin des Tübinger Regierungspräsidiums, Landrat Günther-Martin Pauli und ich in Meßstetten. Fragen und Befürchtungen nehmen wir ernst.
Wo sehen Sie Probleme, Herr Hammann?
Sorgen bereitet uns das Personal, bringen wir genügend Leute dazu, auf die Alb zu ziehen? Immerhin haben wir das Glück, dass in Meßstetten eine Reihe recht frisch renovierter Offizierswohnungen bereitstehen. Das sollte attraktiv sein für die Menschen.
Die Landeserstaufnahmestelle in Meßstetten soll auf zwei Jahre befristet sein.
Auf jeden Fall befristet. Ich möchte mich jedoch nicht auf einen Monat festlegen. Aber demnächst werden wir mit der Gemeinde in einem Vertrag die Frist fest vereinbaren. Am Ende der Laufzeit werden wir zwei oder drei weitere Erstaufnahmestellen in Betrieb haben.
Wird Freiburg dazugehören?
Gut möglich. Die Fortbildungsakademie der Polizei in Freiburg ist sehr geeignet. Es gibt die entsprechenden Wohngebäude und ein weitläufiges Gelände mit Sporteinrichtungen. Es gab bereits auch die Bereitschaft des Oberbürgermeisters Dieter Salomon. Wenn eine Stadt als Erstaufnahmestelle fungiert, bekommt sie keine weiteren Flüchtlinge zugewiesen. Die Flüchtlinge konkurrieren dann nicht mehr auf dem Wohnungsmarkt mit den Einwohnern.
Was geschieht, wenn Meßstetten sagt, wir wollen die Aufnahmestelle behalten, weil wir wirtschaftlich und womöglich sogar durch den kulturellen Austausch profitieren?
Das Land müsste dann eine Lösung finden und möglicherweise auch den Ausbau der Infrastruktur noch stärker unterstützen. Für die Kaserne gibt es bestimmt auch andere Nutzungen. Grundsätzlich ist eine Großstadt mit entsprechenden Verkehrsanbindungen für eine Stelle wie diese geeigneter als ein Ort auf der Alb.