Sport: Dirk Preiß (dip)
Inwiefern?
Wissen Sie, vor zehn, 15 Jahren haben wir Fußballer im Winter noch Handball gespielt, um uns fit zu halten. Alles andere war nicht möglich. Nun gibt es allein 15 Fußballhallen, so dass die Talente ganzjährig gefördert werden können. Der Fußballverband hat da viel für die Jugend getan, die Trainerausbildung wurde verbessert, zudem gehen nun viel mehr junge Spieler früh ins Ausland und werden dort ausgebildet. Damit haben sie die gleichen Möglichkeiten wie andere junge Spieler in ihrem Alter. Allein technisch haben wir uns so um 50 Prozent gesteigert.
Das alles zahlt sich jetzt aus?
Im A-Nationalteam, ja. Aber unsere U 21 hat schon vor Jahren das deutsche Team mit 4:1 geschlagen. Viele Spieler, die damals dabei waren, stehen nun im EM-Kader.
Auch die Handballer aus Island sind top, die Basketballer sind aufstrebend, die Frauenfußballerinnen ebenso – wieso ist dieses kleine Land sportlich so begabt?
Eigentlich kann man das gar nicht erklären, wir sind ja nur 330 000, das ist tatsächlich nicht normal – aber eben auch einmalig. Wir sind jedenfalls sehr stolz darauf.
Gibt es wirklich keinen Erklärungsansatz?
Nun ja, das Interesse am Sport ist bei uns riesengroß, und wir tun wirklich viel für die Jugend. Wir wollen unseren Sportlern früh die Hoffnung geben, dass sie es schaffen können. So sind wir zu einer kleinen Sportnation geworden – und derzeit läuft es richtig gut. Das genießen wir jetzt sehr.
Das große Aushängeschild waren in den vergangenen Jahren die Handballer.
Die damit auch dem Fußball geholfen haben.
Wie das?
Indem sie gezeigt haben: Auch wir Isländer können es in die Weltspitze schaffen. Mit der Fußball-Nationalmannschaft haben wir oft zwei Schritte nach vorn, dann aber auch wieder einen zurück gemacht. Jetzt passt es so langsam, wir haben auf allen Positionen zwei Spieler, die eingesetzt werden können, die Spieler arbeiten unter professionellen Bedingungen und sind auch körperlich auf Topniveau. Und ich bin mir sicher, dass dieser Erfolg keine Ausnahme bleibt.
Es ist ganz generell die EM der kleineren Fußballnationen – die dank ihrer Fans für eine besondere Stimmung sorgen.
Wales, Island, Nordirland, Irland, Ungarn – wer hätte das gedacht? Und ja: Die isländischen Fans sind super, aber die haben ja auch was nachzuholen.
Was meinen Sie?
Na, hier Reykjavík haben wir ein Stadion mit Laufbahn, das ist nicht gerade eine Stimmungsbude. Die Atmosphäre in den EM-Stadien ist da natürlich ganz anders.
Wie groß ist eigentlich Ihr Anteil am aktuellen Erfolg der Isländer?
Ich betreibe ja seit zwölf Jahren zusammen mit anderen ehemaligen Profis eine Fußballakademie – und tatsächlich sind viele der aktuellen Nationalspieler mal bei uns gewesen. Einen kleinen Anteil habe ich also auch. Wir Isländer haben das einfach gemeinsam geschafft.
Und wie geht das Achtelfinale aus?
1:1 nach 90 Minuten – und dann verlieren wir in der Verlängerung.
Island verliert?
(Lacht) Ich sage es lieber so. Dann ist die positive Überraschung umso größer.