Die Schweiz steht durch den hohen Kurs des Franken vor einem großen Problem - auch die Arbeitslosenquote wird beeinflusst.

Stuttgart - Alle Parteien stehen inzwischen hinter der Politik der Schweizer Zentralbank, sagt Tim Guldimann, der helvetische Botschafter in Deutschland. Ein Interview.

 

Der starke Franken stellt die Schweiz vor große Probleme. Vor allem die Exportwirtschaft und auch der Tourismus haben einen Wettbewerbsnachteil. Wie kann der kompensiert werden?

Als erfolgreicher, exportorientierter Wirtschaftsstandort leben wir in einer Schicksalsgemeinschaft mit der EU. Die Schweiz ist durch die starke Aufwertung des Franken als auch durch den Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage in der EU empfindlich betroffen. Die Schweizer Nationalbank hat sich darum gestern entschieden, einen Euromindestkurs auf 1,20 Franken festzulegen. Sie hat klar ihre Absicht kommuniziert, mit unbeschränkten Devisenkäufen diese Limits durchzusetzen.

In vielen Ländern beginnt nun nach einer kurzen Zeit der Erholung der Konjunkturmotor zu stocken, welche Auswirkungen hätte das auf die Schweiz?

Das Problem würde dann tatsächlich prekär, wenn die Nachfrage nach Schweizer Produkten zurückgehen würde. Wenn es also in Deutschland zu einer Rezession käme - und diese Entwicklung hängt ja auch von der Situation in Asien ab - dann hätte auch die Schweiz ein großes Problem, das durch einen hohen Frankenkurs noch verschärft würde.

Die Hoteliers klagen schon länger.

Für den Tourismus, ein wichtiger Wirtschaftszweig unseres Landes, ist die Situation natürlich sehr schwierig. Wenn die Schweiz für die Ausländer immer teurer wird, kommen immer weniger Leute zum Urlaub in die Schweiz ...

... und Arbeitsplätze werden abgebaut.

Das ist leider richtig. Es gibt schon jetzt Prognosen, die eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit vorhersagen. Die Frankenstärke ist eines der zentralen Themen der Parlamentswahlen Mitte Oktober.

Streiten sich Parteien um die besten Rezepte gegen die anhaltende Frankenstärke?

Ich beobachte eine große Geschlossenheit. Ich glaube, dass inzwischen alle Parteien hinter der Politik der Schweizerischen Nationalbank stehen. Noch vor zwei Monaten gab es diesen Konsens nicht.

Der starke Franken hat nicht nur Nachteile. Viele Schweizer fahren zum Einkauf über die Grenze.

Das stimmt, viele Dinge sind in Deutschland und im gesamten Euroraum nun viel billiger als bei uns.

Unabhängig von der Frankenstärke musste die Landesregierung in Baden-Württemberg in Sachen Grundstückskauf gegensteuern.

Das ist richtig. Es gibt schon länger ein Interesse von Schweizer Bauern, Grundstücke in Baden-Württemberg zu kaufen oder zu pachten. Die Landesregierung in Stuttgart hat dazu ein Gesetz erlassen, um den eigenen Markt zu schützen und solche Aktivitäten zu beschränken. Die Politiker in Bern sehen das Problem natürlich auch und nehmen gegenüber ihren Nachbarn eine verständnisvolle Haltung ein.