Sie schreiben: Jede Gesellschaft hat ihren Körper, so wie sie ihre Sprache hat. Welchen Körper hat unsere Gesellschaft?
Der Körper, von dem man heute immerzu spricht, ist ein beherrschter Körper. Nehmen Sie zum Beispiel das Fernsehen und das Internet: Wir werden dort zunehmend mit Bildern vollkommen kontrollierter Körper konfrontiert. Das gilt übrigens für Frauen wie für Männer.

Ist der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi mit seinem modernisierten Gesicht dafür ein Beispiel?
Berlusconis Gesicht lässt mich an eine Maske denken: die Maske der Macht. Es sieht so aus, als ob der einzige Weg für ihn, Macht auszuüben, darin bestünde, jeglichen menschlichen Ausdruck zu tilgen. Ein solch erstarrtes und verschlossenes Gesicht lässt keinerlei Dialog mit dem Gegenüber zu.

Welchen Stellenwert haben Schönheitsoperationen, Diäten oder Sport?
Jeder Mensch, der es sich wert ist, muss sich heutzutage seines Körpers annehmen, es reicht nicht aus, nur er selbst zu sein. Der Körper muss schön, schlank, gesund und sexy sein. Indem wir unsere Körperformen bestimmen und beherrschen, glauben wir, auch unser Leben in den Griff zu bekommen. Der gestylte Körper ist nicht nur Schönheitssymbol, sondern steht für sozialen Erfolg, Glück und Ruhm.

Aber ist eine kleinere Schönheits-OP nicht vergleichbar mit einer neuen Frisur?
So eine kleine Schönheitskorrektur lässt sich durchaus mit einem neuen Haarschnitt vergleichen. Ähnlich wie eine neue Frisur können ästhetische Veränderungen aber weder unser Leben ändern noch uns neues Selbstvertrauen geben. Genau darin besteht ja der Trugschluss: zu glauben, dass unser Selbstbewusstsein davon abhängt, wie sehr wir den Schönheitsidealen entsprechen.