Sie gilt als der Inbegriff einer alterslosen Schönheit. Die beliebte deutsche Schauspielerin Iris Berben wird sechzig.

Berlin - Die Absage kommt ungewöhnlich offen und freundlich daher: "Frau Berben fühlt sich sehr geehrt, dass Sie anlässlich ihres Geburtstages etwas planen. Sie bemüht sich, selbst so wenig wie möglich über dieses Thema zu sprechen und hat sich deshalb entschieden, zurzeit keine Interviews zu geben. Sie hofft auf Ihr Verständnis für die ehrliche Absage." Irritierend ist sie dennoch. Warum scheut sich Iris Berben ausgerechnet an ihrem 60. Geburtstag davor, über das Alter zu sprechen? Sie, die als der Inbegriff einer alterslosen Schönheit gilt. Ein Image, mit dem sie stets kokettiert hat - in Werbespots für Faltencremes und Haarfärbemittel genauso wie in Interviews. Wie ernst es ihr mit ihrer Haltung ist, wird klar, als ihr Sohn Oliver, der Geschäftsführer der Constantin Film Produktion GmbH, ein versprochenes Interview auf Drängen seiner Mutter wenige Stunden vorher absagt.

Vor zehn Jahren war das noch ganz anders. Zum 50. Geburtstag schrieb Iris Berben ein Buch: "Älter werde ich später". Darin schildert sie ihre Gesichtspflege: jeden Morgen einen Schwall kaltes Wasser. Sie erklärt, wie sich graue Haaren kaschieren lassen: dunkle Strähnen färben und drüber eine hellere Tönung legen lassen. Sie verrät ihre Lieblingsparfüms: Chanel No. 5 oder Vol de Nuit. Und plötzlich, ganz unvermittelt, gesteht sie ihre Drogenerfahrungen und ihre jahrelange Tablettenabhängigkeit. Da das Geburtstagskind zehn Jahre später nicht gesprächsbereit ist, werden auch nun wieder Zitate aus dieser befremdlichen Mischung aus Lebensbeichte und Schönheitstipps recycelt, um das Geheimnis ihrer ewigen Jugend zu erklären.

In Berbens Leben hat sich einiges verändert


In ihrem aktuellen Buch "Frauen bewegen die Welt" spricht Berben nicht über sich, sondern über andere. Sie porträtiert darin Frauen, die sich für Gerechtigkeit, für Frieden und für Gleichberechtigung einsetzen: zum Beispiel die russische Journalistin Anna Politkowskaja. Deutlicher hätte sie sich nicht von ihrem Erstlingswerk absetzen können.

Es deutet also einiges daraufhin, dass Berben mit 60 anders wahrgenommen werden will als mit 50. Und tatsächlich hat sich in den vergangenen zehn Jahren in ihrem Leben einiges verändert - privat wie beruflich. 2006 trennte sie sich nach 32 Jahren von ihrem sechs Jahre älteren Lebensgefährten Gabriel Lewy. Als sie den Geschäftsmann 1974 in Israel kennenlernte, war Iris Berben eine Schauspielerin, die mit künstlerischen Filmen wie "Detektive" (Rudolf Thome) zwar schon aufgefallen, aber noch nicht erfolgreich war. Die alleinerziehende Mutter eines dreijährigen Sohns kämpfte damals um ihre Existenz. Lewy nahm sich der jungen Frau an, verhandelte fortan ihre Gagen und wurde für ihren Sohn Oliver zum Vaterersatz. Dank Lewys Geschäftssinn und Berbens Popularität eroberten sie später die Münchener Gastronomieszene. Überall da, wo München am schönsten ist, gehörte dem Paar eine Kneipe. Nach der Trennung verlagerte Iris Berben ihr Leben endgültig von München nach Berlin. Bei Dreharbeiten verliebte sie sich in den zehn Jahre jüngeren Stuntman Heiko Kiesow.

Starke Kämpferinnen mit menschlichen Makeln


Auch ihr Sohn Oliver (39) spielt in ihrem Leben eine andere Rolle als früher. Als erfolgreicher Filmproduzenten verhalf er seiner Mutter zusammen mit dem Regisseur Carlo Rola in den vergangenen zehn Jahren mit den ZDF-Dreiteilern "Die Patriarchin" (2004), "Afrika, mon Amour" (2006) und "Krupp - Eine deutsche Familie" (2009) zu Quotenrekorden. Rola war es auch, der Iris Berben 1994 für das ZDF die Rolle der Rosa Roth auf den Leib schneiderte: eine kühle zuweilen aber auch zickige Hauptkommissarin, die in Berlin Verbrechen aufklärt, die exemplarisch für die Verkommenheit der Gesellschaft stehen.

Als Iris Berben zu einer der ersten deutschen Kriminalkommissarinnen wurde, war sie dem Fernsehpublikum vor allem als Ulknudel aus "Sketchup" bekannt sowie als Grafentochter aus "Das Erbe der Guldenburgs", eine Art deutsche Version von "Dallas". Durch Rosa Roth wurde aus Berben eine der Quote verpflichtete Charakterdarstellerin und das brachte sie ihrem eigenen Vorbild, Glenn Close, ein ganzes Stück näher. "Eine wunderbar zerrissene Frau, leicht kaputt", sagt Iris Berben über den 63-jährigen Hollywoodstar. Starke, unbequeme Kämpferinnen, die mit menschlichen Makeln behaftet sind, wurden in großen ZDF-Produktionen fortan von Iris Berben verkörpert. Renommierte Regisseure wie Matti Geschonneck ("Silberhochzeit", "Duell in der Nacht") und Heinrich Breloer ("Buddenbrooks") setzten im vergangenen Jahrzehnt auf Berbens Können. Und auch im Kino landete sie mit "Es kommt der Tag" einen Achtungserfolg.

Die Vergangenheit stets ungeschönt offen gelegt


Egal wie wandelbar sich Iris Berben auch gezeigt hat, ihr Markenzeichen bleibt die Schönheit. Paul Sahner, der bekannte Promireporter der "Bunten", schwärmt über die 60-Jährige: "Ich bin ein absoluter Iris-Berben-Fan. Und die Diskussion, ob sich Frau Berben Botox spritzt oder nicht, halte ich für überflüssig. Macht sie es, was ich definitiv nicht glaube, dann hat sie den besten Schönheitschirurgen der Welt." Paul Sahner kennt die Schauspielerin seit 35 Jahren. 1987 gelang es ihm die 37-Jährige im Männermagazin "Penthouse" zu präsentieren. "Was mich damals umgeworfen hat, war diese entwaffnende Lässigkeit, mit der sie da einen Striptease hingelegt hat - sowohl körperlich als auch verbal." Auch mit 60 findet Sahner Iris Berben noch immer aufregend. Sie sei eine Frau, die mit ihren Blessuren besser geworden sei. "Und sie hat volle Breitseite abbekommen", sagt Sahner. "Aber sie ist durch alles gegangen wie ein Elefant durchs Dickicht: hoch erhobenen Hauptes."

In der Tat hat Berbens ihre Vergangenheit stets ungeschönt offen gelegt: Fehlender Schulabschluss, jugendliche Schwärmerei für die RAF, Drogenexzesse, Abtreibung, Selbstmordversuch, eine von Eifersucht geprägte Beziehung zu Lewy, in der, nach ihren Worten "die Fetzen und Porzellan" flogen und die aktuelle Partnerschaft mit einem Mann, der für die Stasi gespitzelt hat. Alles hat Iris Berben preisgegeben, nur eines nicht: den Vater ihres Sohnes Oliver. "Lewy, der sich seit 20 Jahren um ihn sorgt, ist sein Vater", hat Berben Sahner 1995 in einem Interview gesagt "nicht der zufällige Erzeuger ist sein Vater, dessen Namen geht nur Oliver und mich etwas an."

Endlich muss sie nicht mehr übers Altern reden


Diese Geradlinigkeit macht Iris Berbens politisches Engagement so glaubhaft. Es hat ihr unter anderem 2002 als erster und bisher einziger Schauspielerin den Leo-Baeck-Preis eingebracht. Die höchste Auszeichnung, die der Zentralrat der Juden in Deutschland zu vergeben hat. Er würdigte vor allem Berbens Lesereise, bei der sie die Tagebücher von Anne Frank und Josef Goebbels gegenüberstellte.

Es ist wohl diese politische Seite an ihr, mit der die bekennende Sozialdemokratin im nächsten Abschnitt ihres Lebens noch stärker identifiziert werden will. Iris Berbens aktuelles Buches deutet in diese Richtung. Erstmals sei sie auf Promotiontour gegangen, sagt sie in einem ihrer rar gewordenen Fernsehinterviews, "ohne darüber sprechen zu müssen, wie ich mir die Haare färbe." So gesehen lässt sich Iris Berbens "ehrliche Absage" verstehen: Sie redet nicht mehr über das Altern in Schönheit, sie tut es einfach.