Seit vergangener Woche fliegt die US-Armee Angriffe gegen die IS-Milizen im Nordirak. Doch die Ergebnisse sind ernüchternd: Die IS ist nicht einmal ernsthaft geschwächt. Trotzdem soll der Einsatz weitergehen.

Seit vergangener Woche fliegt die US-Armee Angriffe gegen die IS-Milizen im Nordirak. Doch die Ergebnisse sind ernüchternd: Die IS ist nicht einmal ernsthaft geschwächt. Trotzdem soll der Einsatz weitergehen.

 

Washington/Bagdad - Die USA haben weitere Luftangriffe gegen islamistische Terrormilizen im Nordirak geflogen. Nach offiziellen Angaben der Streitkräfte griffen Kampfjets vier Kontrollposten der Milizen Islamischer Staat (IS) sowie Fahrzeuge der Extremisten nahe des Sindschar-Gebirges an.

Dort haben Zehntausende Flüchtlinge verfolgter Minderheiten Zuflucht gefunden. Die US-Militärs sprachen von erfolgreichen Operationen. Unter den getroffenen Fahrzeugen seien auch Schützenpanzer, hieß es. Alle US-Jets seien sicher zurückgekehrt.

Zum fünften Mal versorgte das US-Militär die Flüchtlinge im Sindschar-Gebirge mit Lebensmittel und Wasser, wie das US-Zentralkommando in Tampa (US-Bundesstaat Florida) in der Nacht mitteilte.

Lediglich "Tempo verlangsamt"

Nach mehrtägigen US-Luftschlägen zog das Verteidigungsministerium in Washington eine eher ernüchternde Bilanz: Die IS-Milizen seien noch nicht gestoppt, wohl nicht einmal ernsthaft geschwächt. Die Luftangriffe der USA haben nach Einschätzung des Pentagons den Vormarsch der islamistischen Milizen gebremst, aber bislang nicht aufhalten können. Man habe ihr "Tempo verlangsamt", sagte Generalleutnant William Mayville. Doch die IS-Kämpfer seien "weiter darauf aus, größere Gebiete zu gewinnen".

Der Sprecher fügte hinzu: "Ich kann nicht sagen, dass wir die Dynamik tatsächlich eingedämmt oder gebrochen hätten", sagte er am Montag in Washington mit Blick auf die sunnitische Miliz Islamischer Staat.

USA liefert Waffen an Kurden

Washington stärkt die Kurden im Nordirak mit Waffenlieferungen für den Kampf gegen den Terrormiliz. Die Lieferungen seien bereits vergangene Woche begonnen worden, sagte die Sprecherin im US-Außenamt, Marie Harf, dem US-Sender CNN. Die USA schicken zudem Katastrophenhelfer, um Zehntausende Flüchtlinge mit Wasser, Lebensmitteln und Unterkünften zu versorgen.

Unterdessen stellte sich US-Präsident Back Obama im Machtkampf im Irak klar hinter den designierten Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi. Dessen Nominierung sei "ein hoffnungsvoller Schritt", sagte Obama am Montag. Amtsinhaber Nuri al-Maliki, der sich weigert, sein Amt abzugeben, erwähnte Obama dagegen mit keinem Wort. Er forderte alle politischen Fraktionen auf, die anstehenden Fragen friedlich zu lösen.

Jetzt komme es darauf an, rasch eine geeinte Regierung zu bilden, die alle Volksgruppen berücksichtige, sagte Obama von seinem Urlaubsort Martha's Vineyard an der Atlantikküste. Erneut betonte er, dass es im Irak keine militärische Lösung gebe. Ihm sei aber auch bewusst, dass es nicht leicht sei. "Ich bin sicher, dass noch schwierige Tage bevorstehen", sagte er mit Blick auf die politische Zukunft in Bagdad.

Al-Maliki hält an Amt fest

Dagegen weigert sich Al-Maliki, die Macht abzugeben. Die Entscheidung von Präsident Fuad Massum, Al-Abadi mit der Regierungsbildung zu beauftragen, sei Verfassungsbruch, sagte Al-Maliki laut der Nachrichtenseite Al-Sumeria in einer TV-Ansprache. Der einzige Kandidat für eine Regierungsbildung sei er selbst. Den USA warf er vor, bei der Rechtsbeugung mitzuwirken. Al-Malaki hatte am Sonntagabend Sicherheitskräfte an wichtigen Stellen in Bagdad positionieren lassen, um seinen Machtanspruch zu untermauern.

Staatschef Massum hatte am Montag den schiitischen Politiker Al-Abadi gegen den Willen Al-Malikis mit der Regierungsbildung beauftragt. Al-Maliki und Al-Abadi gehören derselben Partei an. Al-Maliki möchte selbst für eine weitere Amtsperiode wiedergewählt werden.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüßte den Ansatz zur Kabinettsbildung, zeigte sich aber besorgt, dass die Regierungskrise und das Vorrücken der Islamisten den Irak noch weiter in die Krise stürzen könnten. Er rief alle Seiten auf, sich zurückzuhalten und die Verfassung zu respektieren. "Das irakische Volk verdient es, in einem sicheren, blühenden und stabilen Land zu leben - einem, dass alle Iraker, gleich welcher Religion und Volkszugehörigkeit, respektiert."

Unzählige Menschen auf der Flucht

Rund 40.000 Iraker der Minderheit der Jesiden sind nach ihrer Massenflucht vor der Terrormiliz in das Sindschar-Gebirge wieder in Sicherheit, wie der Zentralrat der Jesiden in Deutschland mitteilte. Allerdings warteten in der Gebirgsregion westlich der Stadt Mossul noch etwa weitere 40.000 Angehörige der religiösen Minderheit auf Hilfe. Nach Angaben der UN waren allein in der vergangenen Woche rund 200.000 Menschen vor der Terrorgruppe geflohen.

Berlin will sich auch weiterhin auf humanitäre Hilfe beschränken. Waffenlieferungen - etwa an die Kurden im Nordirak - stünden derzeit nicht zur Debatte, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Dagegen setzt sich Frankreich auf EU-Ebene für Waffenlieferungen an die nordirakischen Kurden ein. Der Präsident der kurdischen Autonomiegebiete, Masud Barsani, hatte die USA und weitere Verbündete um Waffenlieferungen gebeten.

Der Vormarsch der Miliz beschäftigt heute auch die EU-Botschafterkonferenz in Brüssel.