Vom nächsten Jahr an will die Uni Tübingen erstmals in Deutschland Imame ausbilden. Sechs Professoren sollen bis zu 320 Studenten unterrichten.

Tübingen - Gleich drei Universitäten - Freiburg, Heidelberg und Tübingen - im Land hatten sich um ein bisher bundesweit einmaliges neues Institut für Islamische Studien bemüht. Jetzt hat der Ministerrat beschlossen, den neuen Fachbereich zur wissenschaftlichen Ausbildung von Imamen, islamischen Theologen, Religionslehrern und Sozialarbeitern an der Universität Tübingen einzurichten. Die Tübinger Universität bringe die besten Voraussetzungen für den neuen Fachbereich mit, begründete Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) die Entscheidung. Dort sei es vor allem gelungen, "die maßgeblichen islamischen Verbände für die Einrichtung eines Beirats für Islamische Studien zu gewinnen", erklärte der Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU). Ein solcher Beirat als Kooperationspartner, mit dem die Universität Lehrangebot und Berufungen abstimme, sei "unabdingbare Voraussetzung" für das neue Institut gewesen. Zumal dadurch die neue universitäre Ausbildung in den islamischen Gemeinden die notwendige Legitimation erfahre und sicherstelle. Laut dem Wissenschaftsminister soll sich der Beirat in Tübingen bis zum Jahreswechsel 2010/2011 konstituiert haben.##Bundesweit sind weitere Institute für islamische Theologie geplant. Erstmals werden damit Imame in Deutschland und vor allem in deutscher Sprache ausgebildet. Bislang kommen die muslimischen Vorbeter meist aus der Türkei, sprechen kein Deutsch und kennen die westeuropäische Kultur kaum. Das ist Experten zufolge ein großes Hemmnis für die Integration.

Die Islam-Verbände stehen dahinter


Darauf zielt auch die Landesregierung ab. Der Ministerpräsident und der Wissenschaftsminister erwarten, dass der neue Studiengang "unter den Muslimen viele Veränderungsprozesse" anstoße. "Die akademische Ausbildung bildet dabei auch einen wichtigen Schutz gegen jede Form der Abschottung, der Entwicklung von Parallelgesellschaften und des Extremismus", betonten Mappus und Frankenberg. Beide begrüßten, dass sich die maßgeblichen islamischen Verbände im Land für ein Miteinander und "gegen den dauerhaften Zuzug von Imamen aus dem Ausland" ausgesprochen hätten. "Das ist ein Bekenntnis zur Integration", betonte der Ministerpräsident.

In Tübingen ist ein Studienangebot für bis zu 320 Studierende geplant. Zudem könnten Studierende anderer Fachrichtungen Module in den Islamischen Studien belegen. Zur finanziellen Ausstattung des Fachbereichs erwarte das Land die Mithilfe des Bundes, sagte Frankenberg. Am Institut soll es letztendlich sechs Professuren geben. Drei sollten vom Land, zwei vom Bund und eine von der Uni Tübingen selbst bereitgestellt werden. Die Kosten für das Land würden sich dann auf insgesamt 1,3 Millionen Euro jährlich belaufen.

Orientalische Vorbilder und eigenes Profil


Die Universität Tübingen will sich bei ihrem neuen Studiengang auch an Lehrplänen von türkischen und ägyptischen Hochschulen orientieren, sagte Rektor Bernd Engler am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. "Dort gibt es wissenschaftlich herausragende Fakultäten." Allerdings werde man sicherlich Abstimmungen vornehmen müssen, die den Gegebenheiten hierzulande Rechnung trügen. Dabei gehe es um die Frage, was islamische Theologie in Deutschland ausmache. Die Gefahr, dass fundamentalistische Geistliche als Professoren an die Hochschule kommen könnten, sieht Engler nicht. Es gehe zwar um einen Studiengang, der bekenntnisgebunden sei, "aber ein Wissenschaftler zeichnet sich dadurch aus, dass er die Unterschiede verschiedener theologischer Richtungen herausarbeiten und bewerten kann, ohne sich selbst mit seiner Meinung zu positionieren", erläuterte Unirektor Engler.