Der Südwestrundfunk hat sein Jahresprogramm vorgestellt und einen Blick in neue Fernsehstudios erlaubt.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Regional und multimedial – das sind für den Intendanten des Südwestrundfunks (SWR) die Schlüsselworte, um die Zukunft seines Senders zu beschreiben. In puncto Multimedialität hatte Peter Boudgoust bei der gestrigen Jahrespressekonferenz auch gleich Substanzielles vorzuweisen: Die Vorstellung der Programmschwerpunkte 2012 fand in einem der neuen Fernsehstudios im Neubau des Funkhauses statt, im Studio A, wo demnächst die Sendung „Sport im Dritten“ produziert werden soll. Die Wände des mit mehreren Ledersitzgruppen möblierten, loungeartigen Raumes sind mit modernster LED-Technik ausgestattet – per Knopfdruck lassen sich damit psychedelisch anmutende Lichtspiele inszenieren.

 

Hightech prägt auch das neue virtuelle Nachrichtenstudio, aus dem vom Frühjahr an die „SWR Landesschau aktuell“ gesendet werden soll. In dem wegen seiner Farbe im Senderjargon „grüne Hölle“ genannten Studio sind die Kulissen – bis auf den Moderationstisch und die Kameras – komplett virtuell. Die neue Technik soll vor allem der besseren Verständlichkeit dienen: In einer „Erklär-Ecke“ lassen sich mit Hilfe von 3-D-Grafiken und virtuellen Stelen, ähnlich wie in der ZDF-Nachrichtensendung „heute“, komplizierte Zusammenhänge anschaulich darstellen. Diese neuen Studios weisen den SWR, so Boudgoust, als eines der modernsten Medienhäuser Europas aus; sie sollen vor allem das Zusammenwachsen von Fernsehen, Radio und Internet befördern und den Sender zu einem „Haus der kurzen Wege“ machen: „Die Zeiten, in denen Mitarbeiter Kassetten und Bänder über lange Flure tragen, sind vorbei.“

Bei der Programmgestaltung selbst scheint die Zweiländeranstalt indes vor allem auf bewährte Konzepte zu setzen, trotz der von Boudgoust für dieses Jahr angekündigten „Innovationsoffensive“. Als eine Mischung aus Wissensmagazin und Dokusoap kommt „Skalpell bitte!“ daher: In dem vom holländischen Fernsehen abgekupferten Format soll es um Routineoperationen gehen. Auch „Die Herz-Docs“, ein neuer Ableger der Dokureihe „Die Knochen-Docs“, sowie die Dokumentationsreihe „Kommissare Südwest“, die den Alltag von Kriminalbeamten beleuchten will, zeugen nicht gerade von ausgeprägter Experimentierfreude.

Stammpublikum wird geschont

Diese Experimentierfreude legt der SWR zwar an den Tag, doch die Ergebnisse aus dem hauseigenen „Entwicklungslabor“ versteckt er lieber im Digitalkanal Eins Plus, statt sie seinem Stammpublikum zuzumuten. Das wöchentliche Musikmagazin „Lautstark“ mit Sandra Jozipovic etwa oder die Dokuserie „Waschen, schneiden, reden“, die drei Friseursalons in Mannheim, Bühl und Berlin mit Szene-Instinkt als „Schnittstelle zwischen Schein und Sein“ ausgemacht hat, zielen von April an klar auf ein junges Publikum ab – eine Zuschauergruppe, die auch der SWR selbst gut gebrauchen könnte. Seinen eigenen Zuschauern serviert der Sender jedoch lieber den x-ten Aufguss eines Wissensquiz: „Meister des Alltags“ startet am 30. April und stellt mit Fragen wie „Wann darf man den Rasen mähen?“ die Alltagstauglichkeit von vier prominenten Kandidaten, darunter etwa Guido Cantz, auf die Probe.

Ansonsten wiederholte Boudgoust sein Credo, dass die als Trumpfkarte des Senders verstandene Regionalität nicht mit Provinzialität zu verwechseln sei. Deshalb dürfen in dem Kinofilm „Die Kirche bleibt im Dorf“ Natalia Wörner und ihre Kollegen durchgängig schwäbisch schwätzen, deshalb wird es beim SWR demnächst auch ein „Mundart-Quiz“ geben.

Zu den Film-Highlights des Jahres zählen neben einem interaktiven „Tatort“ aus Ludwigshafen am 13. Mai zweifelsohne der „Rommel“-Film mit Ulrich Tukur, der voraussichtlich im November ausgestrahlt wird. „Man kann sich beim SWR keine Filme bestellen“, kommentierte der Intendant den Streit, der die Dreharbeiten zu der SWR-Produktion begleitet hat. Jan Josef Liefers grüßte, zugeschaltet von den Dreharbeiten in Ludwigsburg, als Baron Münchhausen ins Studio – der Dreiteiler poliert das Weihnachtsprogramm der ARD auf. Heike Makatsch und August Zirner kommen schon am 2. Mai auf den Schirm: In „Die Heimkehr“ nach der gleichnamigen Erzählung von Hermann Hesse geht es im Hesse-Jahr 2012 um Heimat und die Enge der schwäbischen Provinz. Alles andere als engstirnig zeigt sich der SWR indes bei der Filmmusik: Udo Lindenberg, bekennender Hesse-Verehrer, hat den Song „The River“ beigesteuert. Er singt dazu – nicht auf Schwäbisch, sondern auf Englisch.