Der Predigersohn John Wesley Hardin gehört zu den Ikonen des Wilden Westens. Er hat als Gunfighter ein bewegtes und gefährliches Leben geführt – brillant aufgeschrieben vom amerikanischen Meisterautor James Carlos Blake.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Von James Carlos Blake stammt einer der düstersten, brutalsten Western, die man sich vorstellen kann: „Das Böse im Blut“ schildert, knietief in Blut watend, die Geschichte zweier Brüder zu Zeiten des amerikanisch-mexikanischen Krieges. Ein ganz großer Roman, gewiss, aber keiner für jede Stunde.

 

So war natürlich die Spannung groß, als der Liebeskind-Verlag Blakes „Pistolero“ für den deutschsprachigen Markt ankündigte. Würde die Geschichte des berühmten Gunmans John Wesley Hardin genauso grauenerregend ausfallen? Würde der Autor womöglich sogar noch eins draufsetzen? Die Antwort lautet: nein.

Denn obwohl auch Hardins Lebensweg mit Leichen gepflastert war, ist „Pistolero“ kein Roman, vor dem man zartere Gemüter dringend warnen muss. Blake erreicht das mit einem formalen Kniff: er erzählt scheinbar nicht selbst, sondern lässt, quasi dokumentarisch, Zeit- und Weggenossen des Outlaws zu Wort kommen. Durch diesen Filter schafft der Autor eine Distanz zum Geschehen, ja, fast eine anekdotische Leichtigkeit.

Waffen, Karten und Frauen

Eine Western-Atmosphäre also, wie man sie auch vom Kino kennt: durchaus ernsthaft und ernst zu nehmen, aber geprägt von einem rustikalen Raubauzentum. Die Unbekümmertheit Hardins, sein außergewöhnliches Geschick mit Waffen, Karten und Frauen bestimmen das Bild.

So erleben wir Hardins Geschichte, seine Raufhändel, seine Schießereien, seine Fluchten, seine Frauengeschichten, seine Begegnungen mit anderen Berühmtheiten wie Wild Bill Hickock, als würden sie uns abends beim Bier (beziehungsweise Whisky) erzählt von Leuten, die stolz waren, dabei gewesen zu sein. Und noch stolzer, die Begegnung mit dem Predigersohn überlebt zu haben.

Kenner der Geschichte des Wilden Westens wissen, dass es kein gutes Ende nahm mit John Wesley Hardin. Einmal geschnappt, musste er eine lange Gefängnisstrafe absitzen. Um dann, wieder in Freiheit, mit 42 Jahren in El Paso erschossen zu werden. Fast auf den Tag genau 120 Jahre ist das her. Von seiner Faszination hat der Mann nichts verloren – auch dank James Carlos Blake.

James Carlos Blake: „Pistolero“. Roman. Liebeskind Verlag, München 2015. Aus dem Englischen von Peter Torberg. 400 Seiten, 22 Euro. Auch als E-Book, 16,99 Euro.