Amerikaner gelten als zupackend – „touchy-feely“, wie man bei ihnen zu Hause sagt. Deshalb sind es vor allem immer wieder Menschen von Übersee, die übers royale Protokoll stolpern.

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Ach, diese Amerikaner! Diesen Stoßseufzer dürfte so mancher Brite nach der Stippvisite von US-Präsident Joe Biden bei König Charles III. am Montag ausgestoßen haben. Einmal mehr hielt sich jemand von Übersee so gar nicht an das Protokoll, das zum Tragen kommt, wenn man einem Royal gegenübersteht.

 

Umarmen, zupacken, auf die Schulter klopfen – dafür ist Biden bekannt. Der US-Präsident ist „touchy-feely“, wie man in seiner Heimat dazu sagt. Außerdem hält der 80-Jährige gern ein Schwätzchen. Wenn Biden plaudert, plaudert er. Da hat der wichtigste Mann der Welt alle Zeit der Welt – oder nimmt sie sich einfach.

Weil Joe Biden eben Joe Biden ist, legte er in Windsor König Charles erst einmal die Hand auf die Schulter. Dabei lautet die ungeschriebene Regel im Umgang mit Royals doch eigentlich: „Don’t touch“ – bloß nicht anfassen. Den Monarchen schien das aber nicht weiter zu stören. Auch er berührte den Präsidenten freundschaftlich am Arm. Die beiden Männer kennen sich schon lange – schließlich war Biden bereits Vizepräsident unter dem 44. US-Präsidenten Barack Obama.

Doch damit nicht genug: Biden plauderte beim Abschreiten der Ehrengarde auch mit einem der Soldaten in Rotrock und Bärenfellmütze.

König Charles, der bekanntermaßen schon die Geduld verlieren kann, wenn ein Füller nicht so will wie er, versuchte den gesprächigen US-Präsidenten höflich loszueisen.

Biden ist nicht der erste, der über die Fallstricke des royalen Protokolls stolpert. 2018 echauffierten sich viele Britinnen und Briten über das Verhalten von Bidens Vorgänger Donald Trump bei einem Treffen mit Queen Elizabeth II. Erst ließen die Trumps die betagte Königin in der gleißenden Mittagssonne warten, dann kehrte der Präsident der Queen beim Abschreiten der Ehrengarde den Rücken zu. Der absolute Fauxpas kam aber später: In einem Interview plauderte Trump aus dem Nähkästchen und gab Interna aus seiner Audienz bei der Königin preis.

Und sogar Michelle Obama, für viele der Inbegriff der formvollendeten First Lady, griff im Buckingham Palace daneben – im wahrsten Sinne des Wortes: Auch sie legte der Queen bei einem Besuch im Jahr 2009 die Hand auf die Schulter. Und bekam dafür so viel Gegenwind, dass sie sich sogar 2018 in ihrer Autobiografie dafür rechtfertigte. Im Buch „Becoming“ verriet Obama, was sie zur eigentlich verbotenen Umarmung mit der Queen bewegt hatte: Die beiden Frauen sprachen darüber, wie unangenehm das lange Stehen in Schuhen mit hohen Absätzen sei. „Ich habe dann das gemacht, was ich immer mache, wenn ich mich mit jemandem verbunden fühle. Ich habe meine Gefühle gezeigt.“ Die Queen nahm die Geste der First Lady allerdings nicht übel: Sie umarmte Michelle Obama ihrerseits.