Lokales: Christine Bilger (ceb)


Nun ist es nicht so gewesen, dass seelsorgerisch das Wirken des Pfarrers nicht auch auf fruchtbaren Boden gefallen wäre. Johannes Bräuchle verstehe es, Kirchenferne in die Gottesdienste zu locken. Unkonventionell, aber effektvoll wirkte er in Markgröningen. Zum Beispiel, wenn er dank seines Busführerscheins die Gemeindeglieder zu Ausflügen selbst chauffierte. Seiner gewinnenden Art verdankte es Bräuchle, dass Hunderte gegen seine Abberufung protestierten.

Beim Oberkirchenrat hört man genau hin


Markgröningen habe er nicht verlassen, weil er hätte müssen – so Bräuchles Sicht. "Ich habe einen Ruf auf eine wunderbare Stelle erhalten –als theologischer Leiter im Dienst des Altpietistischen Gemeinschaftsverbands", sagt er. Mit der Versetzung auf diese Stelle hatte die Kirchenleitung damals die disziplinarische Maßnahme abgebogen, den Pfarrer in den Wartestand zu versetzen, und erreichte so eine bequeme Lösung für beide Seiten.

Ähnlich positiv stellt Bräuchle auch seinen Wechsel vier Jahre zuvor von Stuttgart-Freiberg nach Markgröningen dar. Es sei nach zwölf Jahren "Zeit gewesen für eine neue Aufgabe", sagt er und will von Beschwerden, die 1991 an den damals zuständigen Dekan Emil Sautter gegangen waren, nichts mehr wissen. Ein Beschwerdebrief und die Antwort des Dekans liegen der Stuttgarter Zeitung vor. Der Seelsorger hatte in Freiberg Seelen verletzt. Etwa, als er in der Predigt über eine Frau herzog, die sich das Leben genommen hatte.

Beim Oberkirchenrat hört man genau hin, ob sich der Pfarrer in Stuttgart im Ton vergreift. Wie zum Beispiel bei einer Rede im September, in der er dazu aufrief, Andersdenkende aus Stuttgart zu vertreiben. Auf der Synode rief man ihn dieser Tage zur Mäßigung auf. In Markgröningen waren die Wunden tief, das Narbengewebe darüber ist dünn, auch 13 Jahre nach Bräuchles Weggang. "Wir haben nicht vergessen, was damals los war. Aber wir sind Christen und wollen vergeben", sagt einer, der damals im Kirchengemeinderat saß.