Der katalanische Gambist Jordi Savall ist bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen zu Gast gewesen – ein rauschhaftes, mit wahrer Leidenschaft präsentiertes Fest.

Ludwigsburg - Mit dem Programm „Folías antiguas & criollas – Tänze zwischen Alter und Neuer Welt“ lockte der Gambist Jordi Savall, der Pionier und Großmeister der Alten Musik, im ausverkauften Ordenssaal des Ludwigsburger Residenzschlosses auf eine spannungsvolle musikalische Entdeckungsreise. Eine transatlantische Begegnung, für die der Katalane Musiker seines legendären Hespèrion XXI-Ensembles mit einem Trio des mexikanischen Tembembe Ensamble Continuo zusammenspannt, plus einer zugehörigen Tänzerin.

 

So spüren die Musiker dem nach, was sich im Jahrhundert nach Kolumbus auf dem amerikanischen Kontinent und in der Karibik an europäischer Kunstmusik festsetzen konnte – und welche Transformationen dieser musikalische Import vor Ort erfuhr. Ein blockweise sortiertes Programm, das mehr und mehr wie eine wechselweise Überblendung wirkt, die nurmehr in variierender und expandierender Instrumentierung sowie in charakteristischer rhythmischer Pluralität merklich wird. Oder im Einsatz der Gitarrenfamilie, von der dickbauchigen „Löwin“ Leona bis zur spitzen Mosquito.

Hochgestimmte Festlichkeit und Lebensfreude

Astreine, höfische Renaissance-Musik markiert so den Beginn mit einem Stück von Diego Ortiz. Feintönige Gambenmusik, von Harfe, Gitarre und Trommel grundiert. Eine faszinierende Klangwelt, in der sich das Leise wie von alleine Geltung verschafft: förmlich gefasste, hochgestimmte Festlichkeit und Lebensfreude. Das könnte auch der Auftakt für eine Weihestunde Alter Musik für eine eingeweihte Gemeinde sein. Doch zum einen wirkt bei Savall diese Musik ganz unmittelbar lebendig. Zum anderen mischen sich in die zwei folgenden Folías antiguas anonymer Komponisten perkussive Elemente, Glöckchen und Rasseln oder ein karibisches Marimbula mit Metall-Lamellen über dem Tonloch, was wie von alleine am ekstatischen Potenzial des wegen seiner enthemmenden Wirkung gelegentlich verbotenen Tanzes rührt.

Mit Fandangos, Glosas und Sons, Galardas, Guarachas und Jácaras wächst sich das Konzert zu einer Klang- und Rhythmuswelt aus, die zu einer hohen Festlichkeit ebenso taugte wie zu einer ausgelassenen Hochzeit. Oder zu einem Fest auf einem mexikanischen Dorfplatz, wenn sich die Tänzerin und Fortissimo-Männerstimmen hinzugesellen: Ein rauschhaftes, mit wahrer Leidenschaft präsentiertes, hochmusikantisches Fest, in dem die musikalische Synthese zwischen Aneignung und Selbstbehauptung wie funkensprühende, pure vitale Gegenwart wirkt. Entsprechend ekstatisch der Jubel.