Wie würden Sie denn Ihren eigenen Führungsstil beschreiben?
In der Zeit, als ich noch nicht Intendant war, war ich immer froh, als Regisseur einen zuverlässigen Ansprechpartner im jeweiligen Theater zu haben, der mir mit Rat und Tat zur Seite stand. Das war in aller Regel der Intendant, ob nun Frank Baumbauer in Basel, Hamburg und München oder mein Vorvorgänger Klaus Zehelein in Stuttgart. Genau so verstehe auch ich meine Intendanz: präsent sein für Kollegen, deren Arbeit ich mit Neugier begleite, aber auch für die Zuschauer, die Abend für Abend in die Oper kommen.
In zwei Jahren, 2018, nehmen Sie als Intendant Ihren Hut. Können Sie sich vorstellen, in gleicher Position an einem anderen Haus wieder anzuheuern?
Eher nicht. Ich freue mich auf die Zeit danach, aufs vermehrte Regieführen, aber auch aufs wieder vermehrte Lesen und Reisen. Wenn man, wie ich, erst mit sechzig Intendant wird, heißt das ja, dass man das Amt vorher nicht gesucht hat. Ein anderes Haus als Stuttgart hätte ich auch gar nicht übernommen. Der Geist, der hier im Theater herrscht, dazu das Publikum, das Experimenten mit Offenheit begegnet: dieses positive Flirren ist mir in keiner anderen Stadt je begegnet. Als damals die Anfrage aus Stuttgart kam, schien mir das wie eine Fügung des Schicksals. Ich musste das machen. Trotzdem: ich glaube, man sollte nicht ewig Intendant sein wollen.
Frank Castorf, seit 1992 Chef der Berliner Volksbühne, ist da nicht Ihrer Meinung.
Castorf macht seine Arbeit als Intendant an seinem Haus sehr gut. Aber ich bin völlig anders strukturiert als er.
Wenn Sie Stuttgart verlassen haben werden, wird aller Voraussicht nach mit der Sanierung des Opernhauses begonnen.
Zum Glück. Wenn es auch in Zukunft noch Oper und Ballett in Stuttgart auf so hohem künstlerischem Niveau wie bisher geben soll, ist das Bauvorhaben essenziell. Theater ist ein kostbares Gut für die Gesellschaft, gerade jetzt, wo alles immer angstbesetzter wird. Wir brauchen geschützte Orte, wo man frei denken und debattieren kann, wo man alte Weltentwürfe in Frage und neue Weltentwürfe künstlerisch auf die Probe stellen kann. Nehmen Sie unsere „Salome“ oder die gemeinsam mit dem Schauspiel produzierte „Fairy Queen“, zwei Produktionen, die auf je eigene Art von der Freiheit der Fantasie leben: Jede Vorstellung ist bis auf den letzten Platz ausverkauft gewesen!
Trotzdem: die Sanierung kostet viel Geld. Kenner rechnen mit 400 Millionen Euro.
Notwendig ist sie trotzdem. Die Stadtgesellschaft sollte das Projekt mit Leidenschaft und Empathie vorantreiben. Wenn alles fertig ist, werden die Bürger auf ihre urbane Investition stolz sein! Das fällt den Schwaben zwar schwer, stolz zu sein, aber woanders würde man zu solch einem einzigartigen Ensemble von Theaterbauten im Herzen der Stadt schlicht sagen: Center of Performing Arts! Best Location in Town!
Diese Hymne klingt so, als würden Sie Stuttgart zumindest als Regisseur treu bleiben.
Das werden wir sehen.