Diese Gedankenwelt lässt sich mit Hilfe eindeutiger Ausstellungsstücke erkunden. Da findet sich die Büste Caesars im Schreibzimmer – Feldherrn unter sich. Und wer vom König empfangen wurde, der wartete zuvor in der „Fleischfarbenen Kammer“ – dessen für die Porzellanpräsentation damals gängige Farbgebung nur Kulisse war für jene nun zu bewundernden Meissner Schneeballvasen, die als Gipfel der Porzellankunst galten und die unmissverständliche Antwort auf die Frage gaben, wer gegen Sachsen obsiegt hatte.

 

Als „Architekturdilettant“ (Hagemann) sorgte Friedrich dafür, dass knapp zwei Dutzend Fassaden seiner Bauten nach antiken, italienischen, chinesischen oder englischen Vorbildern kopiert wurden – wobei Kopien damals keinen schlechten Ruf hatten. Wie kostspielig die Selbstdarstellung des Königs war und wie viel er ganz unpreußisch allein zum eigenen Genusse ausgab, davon künden die Schatull-Rechnungen der höchst privaten Königsausgaben, welche die Forscher um den Kurator Jürgen Luh akribisch auswerteten. Die Dokumente sind auch ein gut zugänglicher Schatz für Hobby-Friederizianer – im Internet kann sie jeder einsehen (www.perspectivia.net).

Ganz nah kommt man dem Menschen im Herrscher gleich in zwei Kapiteln im Erdgeschoss. Unter dem Titel „Verhältnisse“ wird Friedrichs Idee von der Freundschaft beleuchtet – die für ihn im Sinne von Wahlverwandtschaften viel bedeutender war als familiäre Bindungen oder auch die romantische Liebe. Ohne Freundschaft, so Friedrichs Überzeugung, „verdient das Leben den Namen nicht“. Aber des Herrschers Freund zu sein war nicht leicht – er verspottete und kränkte seine Favoriten, er stieß sie boshaft von sich. Seine engsten Freunde brachte das am Ende dazu, ihn zu verlassen oder sich innerlich abzuwenden.

Dem Marquis d’Argens wurde übel mitgespielt

Zu den engsten Vertrauten des Königs gehörte seine Schwester Wilhelmine – zu sehen als Statue aus dem Freundschaftstempel, welche die Schwester lesend, als intellektuelle Partnerin des Königs, zeigt. Der Besucher wandelt auch durch die erstmals öffentlich zugängliche Wohnung, die der König dem Marquis d’Argens einrichtete. Zeitgenossen schilderten die Beziehung als eng – aber die Kluft zwischen Untertan und König, so Luh, sei immer bestehen geblieben. Friedrich war es ein großes Vergnügen, seinen „Freund“ übel wegen dessen angegriffener Gesundheit zu verspotten. So sehr plagte er d’Argens, dass dieser bei einer Kur in Frankreich beschloss, nicht zurückzukehren. Friedrich wusste das zu vereiteln, indem er den Freund im Nachbarland als Ketzer brandmarkte und seinen Ruf ruinierte. Nach zwei weiteren Jahren in Potsdam bat der Marquis erneut darum, gehen zu dürfen. Friedrich reagierte äußerst beleidigt. Viel zu spät begriff der König, was seine Freunde von ihm fortgetrieben hatte. Er versuchte, sich zu entschuldigen – nicht selten erst posthum. Nähe, so wird deutlich, konnte Friedrich schwerlich zulassen.

Es gibt keinen vorgegebenen Rundgang, dem der Besucher auf den 6000 Quadratmetern Ausstellungsfläche folgen soll. Ein maulbeerfarbener, 1,5 Kilometer langer Steg leitet die Besucher wie durch einen Parcours mit den thematisch gegliederten Ausstellungsstationen. Die Orientierung erleichtert ein dickes Begleitheft mit Erklärungen zu den nummerierten Objekten. In den Kapiteln geht es um den Mann, der Freundschaft für so wichtig hält, aber in Wirklichkeit allergrößte Schwierigkeiten damit hat, es geht um die Beziehungen des Königs zu anderen gekrönten Häuptern, um seine Ideale, seine Auffassung vom Staatswesen und seine Liebe zu den preußischen Tugenden, um seinen Hang seiner Selbstdarstellung wegen ein beträchtliches Risiko einzugehen, und um seinen ganz normalen Tagesablauf vom Aufstehen um halb sechs Uhr morgens bis zum Zubettgehen gegen halb zehn – höchstselbst streifte sich der König dabei sein Nachthemd über, behielt die Strümpfe an und holte sich den jeweiligen Lieblingshund zum Kuscheln.

Der Absicht, dem Hauptakteur so nahe wie möglich zu kommen, hilft dessen Selbstwahrnehmung. Der Vielschreiber Friedrich liefert mit vielen Zitaten einen Großteil der Ausstellungstexte selbst. Als „zweiten Hauptakteur“ verstehen die Kuratoren das Neue Palais – von Friedrich entworfen und bis ins kleinste Detail erdacht, lege es viele seiner Gedanken frei, sagt der Kurator Alfred Hagemann. „Es wurde uns erst allmählich deutlich, welch persönliches Objekt das Palais ist.“ Zahllose intime, verborgene und mystifizierte Botschaften werden dem Besucher auf diese Weise vermittelt. Eine Botschaft ist das Schloss schon in seiner schieren Dimension – die der gebauten Machtdemonstration eines „Großen“ der Weltgeschichte, der aus seiner Sicht alles konnte: Krieg führen, Flöte spielen und seinen Untertanen ein guter Herrscher sein.

Preußisch sparsam war Friedrich II. in eigenen Belangen nicht

Diese Gedankenwelt lässt sich mit Hilfe eindeutiger Ausstellungsstücke erkunden. Da findet sich die Büste Caesars im Schreibzimmer – Feldherrn unter sich. Und wer vom König empfangen wurde, der wartete zuvor in der „Fleischfarbenen Kammer“ – dessen für die Porzellanpräsentation damals gängige Farbgebung nur Kulisse war für jene nun zu bewundernden Meissner Schneeballvasen, die als Gipfel der Porzellankunst galten und die unmissverständliche Antwort auf die Frage gaben, wer gegen Sachsen obsiegt hatte.

Als „Architekturdilettant“ (Hagemann) sorgte Friedrich dafür, dass knapp zwei Dutzend Fassaden seiner Bauten nach antiken, italienischen, chinesischen oder englischen Vorbildern kopiert wurden – wobei Kopien damals keinen schlechten Ruf hatten. Wie kostspielig die Selbstdarstellung des Königs war und wie viel er ganz unpreußisch allein zum eigenen Genusse ausgab, davon künden die Schatull-Rechnungen der höchst privaten Königsausgaben, welche die Forscher um den Kurator Jürgen Luh akribisch auswerteten. Die Dokumente sind auch ein gut zugänglicher Schatz für Hobby-Friederizianer – im Internet kann sie jeder einsehen (www.perspectivia.net).

Ganz nah kommt man dem Menschen im Herrscher gleich in zwei Kapiteln im Erdgeschoss. Unter dem Titel „Verhältnisse“ wird Friedrichs Idee von der Freundschaft beleuchtet – die für ihn im Sinne von Wahlverwandtschaften viel bedeutender war als familiäre Bindungen oder auch die romantische Liebe. Ohne Freundschaft, so Friedrichs Überzeugung, „verdient das Leben den Namen nicht“. Aber des Herrschers Freund zu sein war nicht leicht – er verspottete und kränkte seine Favoriten, er stieß sie boshaft von sich. Seine engsten Freunde brachte das am Ende dazu, ihn zu verlassen oder sich innerlich abzuwenden.

Dem Marquis d’Argens wurde übel mitgespielt

Zu den engsten Vertrauten des Königs gehörte seine Schwester Wilhelmine – zu sehen als Statue aus dem Freundschaftstempel, welche die Schwester lesend, als intellektuelle Partnerin des Königs, zeigt. Der Besucher wandelt auch durch die erstmals öffentlich zugängliche Wohnung, die der König dem Marquis d’Argens einrichtete. Zeitgenossen schilderten die Beziehung als eng – aber die Kluft zwischen Untertan und König, so Luh, sei immer bestehen geblieben. Friedrich war es ein großes Vergnügen, seinen „Freund“ übel wegen dessen angegriffener Gesundheit zu verspotten. So sehr plagte er d’Argens, dass dieser bei einer Kur in Frankreich beschloss, nicht zurückzukehren. Friedrich wusste das zu vereiteln, indem er den Freund im Nachbarland als Ketzer brandmarkte und seinen Ruf ruinierte. Nach zwei weiteren Jahren in Potsdam bat der Marquis erneut darum, gehen zu dürfen. Friedrich reagierte äußerst beleidigt. Viel zu spät begriff der König, was seine Freunde von ihm fortgetrieben hatte. Er versuchte, sich zu entschuldigen – nicht selten erst posthum. Nähe, so wird deutlich, konnte Friedrich schwerlich zulassen.

Weshalb das so war? Auch diese Frage spart die Ausstellung nicht aus. Im Kapitel „Körper und Seele“ wagt sie sich an eine psychologische Erkundung des Königs. Das schwierige Verhältnis vom Vater wird hier thematisiert – der mochte keine „effeminierten Kerle“. Er schenkte dem Sohn ein Kindergewehr. Es ist in der Ausstellung zu sehen, genauso wie ein Bildnis des Leutnants von Katte – des Freundes, den der Vater töten ließ.

Sein Frauenhass war sprichwörtlich

Friedrichs Hass auf Frauen, der in Europa sprichwörtlich war, findet in einem der vielen Zitate der Ausstellung Raum: „Ich sagte einmal zu einer Dame des Hofes, dass es schade sei, dass der König die Frauen nicht liebe“, schreibt der Brite Dr. Moore über seinen Besuch in Potsdam anno 1775. „In Anbetracht seines Alters“, sagte sie, „können wir gut auf seine Liebe verzichten, aber es ist hart, dass er uns nicht einmal ertragen kann.“

Lieber verbrachte Friedrich seine Abende in Männerrunden. Zu den bedeutendsten Objekten der Ausstellung zählt die Skulptur des nackten Voltaire von Jean Baptiste Pigalle, eine Leihgabe, die den Louvre bisher erst einmal verlassen hat. Sie erzählt die Geschichte der gescheiterten Beziehung zwischen den beiden Männern, die Luh eher als „Hassliebe“ denn als Freundschaft betrachtet. Er war der einzige, den Friedrich zu Lebzeiten indirekt um Vergebung bat. Er spendete für eine Statue, die ein Kreis von Voltaire-Fans diesem zu Ehren aufstellen lassen wollten – den nackten Voltaire. Die Skulptur verursachte damals einen solchen Skandal, dass sie erst seit den sechziger Jahren öffentlich gezeigt wird. Am Ende blieben dem König nur Brieffreundschaften und seine Hunde. „Ich habe einen häuslichen Kummer“, schrieb der König, „mein armer Hund wird sterben, und, um mich zu trösten sage ich mir, da der Tod auch gekrönte Häupter nicht verschont, kann meine arme Alcmène kein besseres Los erwarten.“

„Friederisiko“ heißt die Ausstellung nach Dorgerlohs Worten, weil der Hang zum Risiko ein prägender Charakterzug des Königs gewesen sei. Und auch des Vorhabens wegen, einen anderen Blick auf Friedrich zu wagen: „Das Verklärende wegzunehmen mag ein Risiko gewesen sein.“ Es hat sich gelohnt.